Auf die Straße gehen – Mitbestimmung fordern

Mehr Beteiligung, das Gefühl politisch etwas bewirken können, ernst genommen werden – das wünschen sich Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, junge Menschen.

BJRK
2/2020

Im vergangenen Jahr machten sie freitags mit Protestmärschen, Kundgebungen und Aktionen auf der ganzen Welt auf sich aufmerksam. Ohne Zweifel gab der Sitzstreik einer jungen Klima-Aktivistin vor dem Regierungsgebäude in Stockholm vor knapp zwei Jahren den Anstoß zu einer Politisierung der Jugend [Quelle: Shell Jugendstudie]. Eine Jugend, die sich informiert, Klartext reden möchte und Mitsprache fordert – ob im privaten Umfeld, in Schule und Gesellschaft und in der Politik.

 

„Viele Jugendliche wollen sich einbringen und setzten dabei auf die Demokratie“, bekundet auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

Die 18. Shell Jugendstudie erschien im Oktober 2019 unter dem Titel „Eine Generation meldet sich zu Wort“

Partizipation – ein Grundprinzip der Demokratie

Partizipation kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet übersetzt „teilnehmen“ oder „teilhaben“. Das eigentliche Verständnis von Partizipation ist jedoch nicht nur das bloße „Teilnehmen“ im Sinne von „Dabei sein“, sondern mitzuwirken, mitzugestalten, mitzubestimmen an Entscheidungen des eigenen Lebens, der Gruppe oder des Gemeinwesens. So nehmen wir unser Recht zu Wählen als Möglichkeit der Mitbestimmung in der Politik wahr.

 

Die Mitbestimmung aller ist Grundprinzip in einer Demokratie. Sie schafft Gerechtigkeit und stärkt den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Über die Wahl hinaus gibt es viele weitere Formen politisch und gesellschaftlich mitzubestimmen. Besonders in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen sollten diese Beachtung finden.

Partizipation, von lat. participare „teilnehmen, teilhaben“, aus lat. pars, partis, „Teil“ und lat. capere, „fassen, ergreifen“

Kinder- und Jugendpartizipation

Als Grundlage für Partizipation von Kindern und Jugendlichen dienen die Menschen- und Kinderrechte. Die Beteiligung von Kindern bei allen sie betreffenden Angelegenheiten wurde in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention und im Kinder- und Jugendhilfegesetz §8 und §11 SGB VIII, sowie dessen Ausführungsgesetzen in den einzelnen Bundesländern verankert.

 

Anhand von Stufenmodellen lassen sich Beteiligungsformen von Kindern und Jugendlichen in der Praxis abgrenzen. So lässt sich einschätzen, ob Kinder und Jugendliche nur Ideen liefern oder tatsächlich an einer Entscheidung mitwirken. Richard Schröder stellt Partizipationsstufen in Form einer Leiter dar. Es wird unterschieden in Nicht-Beteiligung (untere drei Stufen) und in stufenweise wachsende Beteiligung bis hin zu Selbstverwaltung.

 

Möchte man Kindern und Jugendlichen die Chance zu ernsthafter Beteiligung und Mitbestimmung geben, geht dies nur durch Übertragung von Verantwortung und Entscheidungsmacht in ihrem eigenen Umfeld und nicht, indem man nur Mitsprache und Mitwirkung zulässt.

Rechtliche Grundlagen zur Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen

 

UN-Kinderrechtskonvention:

Art.12

 

(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.

 

(2) Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden.

 

Kinder- und Jugendhilfegesetz:

 

§ 8 „(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. […]“

 

§ 11 Abs. 1: „Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen“.

Partizipation in der Jugendarbeit

Beteiligung und Mitbestimmung sind der Kern der Jugendarbeit und gesetzlicher Auftrag. Kinder und Jugendliche wollen und sollen ihre Lebenswelt mitgestalten. Vor allem in Jugendverbänden fi nden sie dazu die Möglichkeit. Sie bestimmen selbst und übernehmen Verantwortung, dabei steht das freiwillige Engagement an oberster Stelle. Dies geschieht zum Beispiel in Gruppenstunden, in Arbeits- und Projektgruppen oder in Gremien. Die Verbandsstrukturen ermöglichen Beteiligung und Mitbestimmung auf allen Verbandsebenen.

 

Damit Beteiligung im Jugendverband auch dauer haft gelingt, müssen Angebote immer wieder an die sich verändernde Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen angepasst werden.

 

Alters- und zielgruppengerechte Methoden müssen entwickelt, neue Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen und  Verbandsstrukturen kritisch geprüft werden.

 

Wie Beteiligung in der Gruppenarbeit stattfinden kann, findet Ihr in diesem Artikel.

bäffchen: Eine "Konferenz der Kinder"

Vorbereitung
Gruppenstunde 1 + Gruppenstunde 2 (1/3)
Gruppenstunde 2 (2/3)
Gruppenstunde 2 (3/3)
Gruppenstunde 3

Digitale Beteiligung

Wie Jugendbeteiligung auch digital gelingt: jugend.beteiligen.jetzt