Zwei Kinder sitzen auf dem Boden, Man sieht sie von hinten. Ein Kind hält eine rosafarbene Moderationskarte in der Hand. Darauf steht: "Jedem Kind steht es zu, seine Meinung zu äußern.""

Kinderrechte in Balance

Mit der Bestätigung der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) im Jahr 1992 in Deutschland sind die Schutz-, Förder-, und Beteiligungsrechte von allen
Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres verpflichtend umzusetzen und anzuwenden. 

Tim Stegemann
Deutsches Kinderhilfswerk e.V. – Andreas Lemke
1/2024

Die Kinderrechte können nicht isoliert, sondern müssen als eine Einheit betrachtet werden. Kinder sind keine „kleinen Erwachsenen“,
die lediglich so lange geschützt und gefördert werden, bis sie die Volljährigkeit erreicht haben. Deswegen gibt die UNKRK vor, dass Kinder eigene Beteiligungsrechte haben, die sie selbstbestimmt ausüben können.

Zur Anwendung gibt die UN-KRK mit dem Prinzip des Vorrangs des Kindeswohls (Artikel 3 Absatz 1 UN-KRK) eine Leitlinie vor. Demnach ist bei allen Entscheidungen, die ein Kind oder eine Gruppe von Kindern betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. 

Um zu entscheiden, was für das Kindeswohl am besten ist, sind sowohl Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte heranzuziehen.

Die Kinderrechte sind Regeln, die bestimmen, wie Kinder behandelt werden sollen.
In Deutschland müssen alle diese Regeln befolgt werden, seit die Regierung sie im Jahr 1992 akzeptiert hat. Es gibt verschiedene Arten von Kinderrechten. Man unterscheidet in die Rechte auf Schutz, Förderung und Mitbestimmung. Wenn es um Entscheidungen geht, die Kinder betreffen, ist das Wohl des Kindes am wichtigsten. Man muss also immer überlegen, was für das Kind am besten ist, und dabei die Regeln für Schutz, Förderung und Mitbestimmung beachten.

Nach Artikel 12 UN-KRK haben Kinder das Recht, ihre Meinung zu allen sie berührenden Angelegenheiten zu äußern. Diese muss entsprechend des Alters und der Reife des Kindes angemessen berücksichtigt werden. Dabei weitere Kinderrechte wie zur freien Meinungsäußerung (Artikel 13) und zum Zugang zu Information (Artikel 17) entscheidende Voraussetzungen.

Kinder können freiwillig entscheiden, ob sie ihre Meinung äußern wollen oder nicht.

Allerdings sollte ihre Entscheidung im Kontext kinderfreundlicher und inklusiver Angebote zur Beteiligung stattfinden (UN-Kinderrechtsausschuss 2009: Rn. 34). 

Das bedeutet für dich, dass Dir Erwachsene immer eine gute und ernst gemeinte Möglichkeit bieten sollen, um deine Meinung zu äußern. Sie sollen sich ausreichend Zeit dafür nehmen. Für kleine Kinder und andere Kinder, die ihre Meinung nicht einfach sagen können, muss es alternative Formen geben. Beispielsweise können sich kleine Kinder manchmal besser über das Malen eines Bildes ausdrücken. Und Kinder, die sich nicht auf Deutsch ausdrücken können, benötigen jmd. der ihre Meinungsäußerung übersetzt.

Die Bestimmung des Kindeswohls kann nicht ohne die Beteiligung der Betroffenen erfolgen (UN-KRA 2013: Rn. 53). Denn eine kinderrechtsbasierte Perspektive erkennt Kinder als eigenständige Persönlichkeiten an, das bedeutet, dass sie aktiv Einfluss auf die Förderung, den Schutz und die Überwachung ihrer Rechte nehmen können (UN-KRA 2009: Rn. 18). Dies betrifft alle Kinder, auch wenn diese noch sehr klein sind, oder sich etwa aufgrund einer Behinderung oder einer Migrationserfahrung, in einer verletzlichen Lebenslage befinden.

Gleichzeitig müssen allen Entscheidungen das Wohlergehen (Artikel 3) und die Entwicklung des Kindes gewährleisten (Artikel 6). Dies umfasst im weiten Sinne ihre materiellen, körperlichen, erzieherischen und emotionalen Grundbedürfnisse sowie die Bedürfnisse nach Zuneigung und Sicherheit (UN-KRA 2013: Rn. 71).

Die Balance zwischen Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechten ist von der individuellen Entwicklung und dem Alter eines Kindes abhängig.

So haben junge Kinder Anspruch auf besondere Schutzmaßnahmen, für die ihre Eltern oder andere gesetzliche verantwortliche Erwachsene, unterstützt vom Staat, die Verantwortung tragen (Artikel 5 UN-KRK). 

Je mehr ein Kind weiß, erlebt hat oder versteht, desto mehr müssen Eltern oder andere gesetzlich verantwortliche Erwachsene, ein Kind befähigen, seine eigene Meinung beizutragen (UN-KRA 2009: Rn. 84). Die Fähigkeit von Kindern sich ihre Meinung zu bilden, sollte stets so hoch wie möglich eingeschätzt werden (UN-KRA 2009: Rn. 20). Zugleich tragen Erwachsene die Verantwortung Kinder vor negativen Folgen durch ihre Äußerung zu schützen und wenn nötig Schutzmaßnahmen zu treffen (UN-KRA 2009: Rn. 134). 

Du hast das Recht, dass dich Erwachsene vor Gefahren schützen, wenn das notwendig ist. Dabei hast Du jederzeit die Möglichkeit, Deine Meinung zu äußern. Erwachsene, denen Du vertraust, sollen dafür sorgen, dass kein Risiko damit verbunden ist, wenn Du Deine Meinung sagst.

Das „best interest of the child“, wie „Kindeswohl“ im englischsprachigen Original der Konvention definiert wird, lässt sich nur durch die Heranziehung aller relevanten Rechte bestimmen. Dabei sollte die Meinung von kleinen Kindern, als auch von Jugendlichen immer eine wichtige Rolle für die Entscheidungsfindung spielen. Die angemessene Berücksichtigung hängt dabei von der Reife und Alter des Kindes ab. Die Erziehung durch Erwachsene sollte als unterstützender Prozess betrachtet werden, um Kinder zu selbstbestimmten Persönlichkeiten zu entwickeln, die eigenverantwortlich handeln können.

Die JRK-Kampagne LAUTSTARK befasst sich mit den Kinderrechten und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Was es mit der Kampagne auf sich hat lest ihr unter www.jrk-bayern.de/lautstark.

LAUTSTARK-Kampagne

Quellen:
UN-Kinderrechteausschuss 2005: Allgemeine Bemerkung Nr. 7 – Umsetzung der Kinderrechte in der frühen Kindheit. Marie Meierhofer Institut für das Kind (Hrsg.). Abrufbar unter: https://www.netzwerk-kinderbetreuung.ch/media/filer_public/b4/60/b46017c1-9c69-4c84-b880-2918d343a3d1/mmi_2014_umsetzung_kinderrechte_ fruehe_kindheit.pdf (Zugriff am 22.1.2024).

UN-Kinderrechteausschuss 2009: Allgemeine Bemerkung Nr. 12 – Das Recht des Kindes auf Gehör. Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention beim Deutschen Institut für Menschenrechte (Hrsg.). Abrufbar unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/ Information/Information_GC12_barrierefrei_geschuetzt.pdf (Zugriff am 22.1.2024).

UN-Kinderrechteausschuss 2013: Allgemeine Bemerkung Nr. 14 (2013) zum Recht des Kindes auf Berücksichtigung seines Wohls als ein vorrangiger Gesichtspunkt (Art. 3 Abs. 1). Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention beim Deutschen Institut für Menschenrechte (Hrsg.). Abrufbar unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/allgemeine-bemerkung-nr-14-2013 (Zugriff am 22.1.2024).