Kindersoldaten

1999 startet eine neue Jugendrotkreuzkampagne unter dem Motto „Youth must act“. Sie richtet sich gegen eine besonders menschenverachtende Realität gegen den Einsatz von Kindern an der Waffe

N.N.
3&4/1998

In rund 25 Staaten dieser Welt ist es Realität, daß Kinder unter 15 Jahren in bewaffenete militärische Konflikte gestürzt werden. Waffen, die von Kindern bedient werden können, stehen meist massenhaft zur Verfügung. Die jungen Menschen treibt oft der Hunger oder - weil sie Kriegswaisen sind - die Angst vor dem Verlassensein zum Militär, sicher auch eine fehlgeleitete oder mißbrauchte Sehnsucht nach Abenteuer und Heldentum. Bürgerkriege oder bürgerkriegsähnliche Unruhen produzieren Scharen von Straßenkindern und Kinder ohne Begleitung Erwachsener, die leichte Beute für Kidnapping und Zwangsrekrutierungen darstellen. Auf unglaublich grausame Weise werden sie oft von Oppositionstruppen aus ihren Dörfern
herausgerissen, gezwungen, eigene Familienangehörige zu töten, Häuser abzubrennen, zu plündern und zu vergewaltigen. Solche Gewaltmaßnahmen steigertder gezielte Einsatz von Alkohol und Drogen häufig noch zu wahren Orgien der Gewalt. Militärs verfolgen damit zweierlei teuflische Ziele: Zum einen wird den Kindern Schuldgefühle oder Angst die Rückkehr
in ihre Familie oder vertraute Umgebung verwehrt, zum anderen brechen sie den Willen dieser Kinder, die jede Vorstellung von Moral verlieren und - selbst von brutaler Gewalt beherrscht - auch nur brutale Gewalt auszuüben gelernt haben. Diese Kinder leisten in der Truppe kaum Widerstand, übernehmen die riskantesten Aufgaben, kosten weniger an Verpflegung und Ausrüstung. Die „vielseitige Einsetzbarkeit“ reicht bis zur Positionierung von Sprengsätzen oder gar dem Aufspüren von Antipersonenminen - besonders letzteres endet meist tödlich.
Kinder, die im Krieg gekämpft und Zeugen oder Mittäter bei Massakern waren, werden nicht selten bei Beendigung des Krieges als Killer oder Ausgestoßene behandelt. In Liberia z.B. haben Dorfgemeinschaften zurückkehrende Kinder schlichtweg ermordet. Neben den traumatischen Erlebnissen, dem Verlust ihrer Familien und ihres sozialen Selbstwertgefühls haben diese Kinder oft auch körperliche Verletzungen oder gar Verstümmelungen erlitten. Der Eintritt in ein ziviles Leben ist kaum möglich. Hier mit psychosozialer Rehabilitierung einzusetzen und durch Friedenserziehung neue, andere Wege der Konfliktbewältigung erlernbar zu machen, hat sich das IKRK vorgenommen. Mindestens genauso wichtig ftir die ehemaligen Kindersoldaten ist daneben aber auch eine rasch greifende berufliche Bildung. Kindersoldaten sind ein beschämender Beweis dafür, daß es noch nicht möglich ist, den Schutz der Kinder in einem sog. „modernen“ Krieg sicherzustellen. Deshalb fordert das IKRK ein Zusatzprotokoll zur UN-Konvention über die Rechte der Kinder. Dieses Protokoll soll unter anderem beinhalten, daß das Mindestalter für eine freiwillige oder verpflichtende Rekrutierung auf 18 Jahre erhöht wird. In welcher Form Eure Mitarbeit bei diesem brennenden Problem gefragt ist, erfahrt Ihr in der nächsten baff, nachdem uns die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung zum Thema „Youth must act“ vorliegen.