Ein etwas anderes Seminar: „Knigge ist ‚in’“

Denkt man an Seminare des Bayerischen Jugendrotkreuzes, fallen einem zunächst Gruppenleiterausbildungen, RUD-Kurse, Spiele-Seminare, Streitschlichter-Kurse, Exkursionen und Veranstaltungen in Zusammenhang mit Erster Hilfe ein. In diesem Jahr hat sich das
BJRK auf neues Terrain gewagt und ein Seminar angeboten, dessen Inhalt auf den ersten Blick vielleicht altbacken und überholt wirkt, bei genauerem Hinsehen jedoch hochaktuell ist. Unter dem Titel „Knigge ist ‚in’“ sollten junge Rotkreuzler/innen Sicherheit in ihrem Auftreten und Benehmen in privaten und geschäftlichen Situationen erlangen.

pst
4/2004

Zunächst einmal muss erwähnt werden, dass schon kurz nach Erscheinen der Ausschreibung die ersten Anmeldungen eintrudelten. Es wurden mehr und mehr und letzten Endes gehörte dieses Seminar zu den am besten besuchten im ganzen Jahr.

Nachdem am Freitagabend überprüft wurde, welchen „ersten Eindruck“ man bei bis dato völlig unbekannten Personen hinterlassen hatte und wo es Differenzen zur Selbstwahrnehmung gibt, sich alle kennen gelernt und beim gemeinsamen Turmbau kooperiert hatten, stand am Samstag der Hauptteil auf dem Programm.

Die in Sachen Knigge, Benimm und Umgangsformen erfahrene Referentin, Gisela Böhme, brachte die Teilnehmer/ innen immer wieder in kniffelige Situationen: Wie stellt man sich richtig vor? Was sagt man zur Begrüßung? Wie verhält man sich bei geschäftlichen Anlässen? Wie redet man einen Grafen mit Doktortitel richtig an? Was tun, wenn jemand geniest hat? Welche Bedeutung haben Hierarchien heutzutage? Gilt der altbekannte Spruch „Ladies first“ noch? Wie geht man richtig mit dem Handy um? Was muss beim Schreiben von E-Mails beachtet werden? Einige Dinge wurden praktisch geübt, auf andere konnte nur im Gespräch eingegangen werden –immer wieder fragten die Teilnehmer/ innen Gisela Böhme Löcher in den Bauch.

Der „Gastgeber“ Jogger (Jürgen Fischer) betrachtet die festlich eingedeckte Tafel

Einen Teil der Zeit verbrachte die Gruppe auch damit, sich mit dem Gedeck eines Fünf-Gänge-Menüs vertraut zu machen. Welches Besteck wird wofür verwendet und wo liegt es richtig? Wie stehen die Gläser? Was ist mit dem Brotteller, was mit der Serviette? Wie sitzt man richtig? Wann darf geraucht werden?

Dieser Teil wurde auch gleich praktisch geübt: Zwar wurde kein 5-Sterne- Koch engagiert um ein Fünf-Gänge- Menü zu kredenzen, trotzdem gab es ein Dinner mit festlich gedeckter Tafel, Sekt als Aperitif und vielen Köstlichkeiten, die das Haus hergab. Ein „gewähltes“ Gastgeberpaar war für die Sitzordnung zuständig, für die Dekoration der Tafel sorgten alle gemeinsam. Und dann galt es, sich unter dem kritischen Blick der Expertin möglichst einwandfrei zu benehmen. Da taten sich dann doch noch Fettnäpfchen auf und es gab einige Lacher. Insgesamt ist das Verhalten der Jugendrotkreuzler/innen von der Fachfrau sehr gelobt worden.

Nachdem am Sonntagmorgen das Wachwerden durch Methoden aus dem Improvisationstheater- Spiel erleichtert wurde und auch Szenen gespielt wurden, in denen angemessenes Verhalten gefordert war, waren sich am Ende des Lehrgangs alle einig: Man hatte viel gelernt, Spaß gehabt und ein insgesamt wunderschönes Wochenende verbracht. Die Familien der Teilnehmer/innen müssen sich nun warm anziehen, nicht nur, weil der Winter naht, sondern vor allem, weil sie nun mit noch kritischeren Augen beäugt werden und den einen oder anderen Knigge- Tipp erhalten dürften…