Interview mit der neuen Schirmherrin Dr. Merk

Vielen Dank für diese Auskunft und Ihre Bereitschaft zur Übernahme der Schirmherrschaft.

k.A.
3/2004

Woher kommt Ihr Bezug zum BRK?

Schon zu meiner Amtszeit als Oberbürgermeisterin von Neu-Ulm hatte ich regelmäßigen Kontakt mit den Vertretern des dortigen Jugendrotkreuzes. Von daher weiß ich auch, wie schwierig es ist, junge Leute für ein ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Ich habe die Jugendrotkreuzler immer bewundert, mit wie viel Engagement und Begeisterung sie bei der Sache waren, auch wenn es oft ganz mühsam war und große Hartnäckigkeit erfordert hat. Sei es bei Fragen der Mitgliederwerbung oder
der Organisation der diversen Veranstaltungen - ohne den selbstlosen Einsatz hätte man nichts auf die Beine stellen können. Es war mir daher ein besonderes Anliegen, diese alte Verbundenheit mit dem Jugendrotkreuz, die noch aus Neu-Ulm herrührt, weiterzuführen und auch jetzt als Ministerin den Kontakt nicht zu verlieren.

Welchen Bezug haben Sie zur Jugend bzw. Jugendarbeit?

Ich habe großes Verständnis für die Interessen und Anliegen der Jugend und habe auch einfach gerne mit jungen Leuten zu tun, beruflich wie privat. Die Anliegen, Sorgen und Nöte der Menschen zu erfahren, das was sie bewegt und was ihnen wichtig ist, darüber mit ihnen zu sprechen, lag mir immer besonders am Herzen. Das gilt für Jung und Alt gleichermaßen! Darum ist es mir ganz wichtig, mich für die Jugend einzusetzen, im Gespräch mit jungen Leuten zu bleiben und über die Anliegen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen informiert zu sein. Die Jugend ist schließlich die Zukunft unseres Landes! Ein zweiter, sehr wichtiger Punkt ist auch, dass ich bei meiner täglichen Arbeit als Justizministerin immer wieder erleben muss, welche Auswirkungen es haben kann, wenn Kinder und Jugendliche vernachlässigt, ohne Schul- und Berufsausbildung und damit ohne Perspektive aufwachsen. Leider werden solche Jugendlichen öfter straffällig und damit ein Fall für unsere Staatsanwälte und Gerichte. Ich finde es erschreckend, wenn ich lese, welche Auswüchse die Kriminalität von und unter Jugendlichen oft annimmt. Wenn dann eine Straftat bei Gericht landet, ist es oft schon zu spät. Darum muss man den Anfängen wehren und den Kindern und Jugendlichen ein sinnvolles, erfülltes Leben ermöglichen. Jugendarbeit ist dabei ein ganz wichtiger Baustein. Denn dass die Kids schon sehr bald nicht mehr auf die Eltern hören, sondern ihre Vorbilder in Gleichaltrigen finden und deren Ideale übernehmen, ist bekannt. Die Jugendarbeit übernimmt damit eine Art Erziehungsfunktion bzw. kann Leitbilder für das spätere Erwachsenenleben vermitteln. Es ist also sehr wichtig, welche Vorstellungen Jugendarbeit weitergibt und welche Perspektiven
sie aufzeigt.

Wo sehen Sie Anknüpfungspunkte bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität?

„Vorbeugen ist besser als heilen“, diese Regel gilt prinzipiell auch für die Bekämpfung der Jugendkriminalität. Ganz wichtig sind daher präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Straftaten, beispielsweise die gezielte Jugendsozialarbeit an sozialen Brennpunkten. Wir müssen bei besonders gefährdeten Kindern und Jugendlichen eingreifen, bevor sie wiederholt straffällig geworden sind. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit vieler verschiedener Stellen, z. B. Polizei, Justiz, Jugendhilfe,
Schulen, Drogenberatung u. a. Neben der Prävention ist aber auch ein wirksames Jugendstrafrecht unverzichtbar. Denn gerade jungen Straftätern müssen rechtzeitig die Grenzen aufgezeigt werden. Dabei sind nicht immer harte Strafen notwendig, bei kleineren Delikten genügt oftmals auch ein „Denkzettel“, etwa wenn der jugendliche Täter einige Stunden gemeinnützige arbeiten leisten muss. In schweren Fällen können dagegen langdauernde Erziehungsmaßnahmen bis hin zum Jugendstrafvollzug erforderlich sein. Von großer Bedeutung ist insofern, dass das Jugendstrafrecht vielfältige Reaktionsmöglichkeiten bietet. Das Bayerische Justizministerium fordert deshalb bereits seit langem, die gesetzlichen Regelungen des Jugendstrafrechts noch flexibler auszugestalten. Einer unserer Vorschläge ist beispielsweise, das Fahrverbot, das bislang nur bei Straßenverkehrsdelikten verhängt werden kann, auch bei anderen Delikten, z. B. Gewalttaten, einzusetzen. Ich bin überzeugt, dass es viele junge Straftäter nachhaltig beeindruckt, wenn sie einmal eine Zeit lang auf ihr liebgewonnenes Mofa oder Moped verzichten müssen.

Worin sehen Sie die Bedeutung von ehrenamtlichem Engagement?

Ohne das Ehrenamt bzw. Leute, die sich in ihrer Freizeit für die Belange der Allgemeinheit oder Einzelner engagieren, ginge nicht mehr viel in unserer Gesellschaft. Eine aktive Bürgergesellschaft ist die Basis für eine demokratische Gesellschaft. Die Frage, was der Staat noch leisten kann, ist heutzutage sehr wichtig geworden. Schon aus rein finanziellen Gründen muss sich der Staat aus vielen Bereichen, in denen er sich bisher vielleicht noch stärker engagiert hatte, zurückziehen. Auf der anderen Seite sollte der Staat auch nicht überall hineinregieren. Daher ist es so außerordentlich wichtig, dass sich die Bürger aktiv um ihre Belange und um die Anliegen der Gemeinschaft kümmern. Ehrenamtliches Engagement ist eine unverzichtbare Stütze der Gesellschaft. Es ist ein Zeichen von Solidarität und Verantwortungsgefühl, es zeigt, dass eben doch nicht alle Egoisten und „Ellbogenmenschen“ sind. In Bayern engagieren sich fast 40% der Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich. Jeder opfert dabei ca. 20 Stunden seiner Freizeit pro Monat. Wenn man das hochrechnet, kommt man auf 4,5 Mrd. unentgeltlich geleisteter Arbeitsstunden mit einem Gegenwert von über 100 Mrd. Euro. Müsste der Staat dies leisten, sähe er ganz schön alt aus. Tatsächlich könnte staatlicherseits so etwas gar nicht auf die Beine gestellt werden. Umso wichtiger ist das Ehrenamt !

Wo sehen Sie ihre Einsatzmöglichkeiten für das Bayerische JRK?

Ich hoffe, dass schon mein Name bzw. meine Schirmherrschaft dazu beiträgt, erhöhte Aufmerksamkeit für das jeweilige Projekt des BRK zu wecken. Darüber hinaus bin ich natürlich gern bereit, mich in Einzelfällen persönlich für bestimmte Dinge stark zu machen, sei es, dass ich jemandem schreibe oder auch ein persönliches Gespräch führe. Nach Möglichkeit kann ich auch die Kontakte, die ich als Justizministerin habe, nutzen und so meinerseits für Unterstützung werben. Ich verstehe mich ganz einfach als "Fahnenträgerin" des Bayerischen Jugendrotkreuzes in der kommenden Zeit.