Inklusion im Bayerischen Jugendrotkreuz

Die letzte JRK-Landesversammlung verabschiedete ein Po-sitionspapier zur „Inklusion im Bayerischen Jugendrotkreuz“.

k.A.
1/2015

In der Versammlung begann eine Diskussion. Hier wurde deutlich, welch große Schritte auf dem Weg zu einer gleichberechtigten, vollkommenen Teilhabe noch zu gehen sind. Oder ist der Weg schon zu Ende, bevor die ersten Schritte gemacht wurden?

 

Sabrina aus dem BRK-Kreisverband Mühldorf am Inn schildert ihre Sicht der Dinge:

 

Als (geh-)behinderte Jugendrotkreuzlerin frage ich mich: Brauchen wir wirklich ein Positionspapier für die Inklusion behinderter Menschen im Jugendrotkreuz? Wir Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler mit unseren Grundsätzen Menschlichkeit, Unparteilichkeit…! Sollte die Teilhabe aller Menschen nicht selbstverständlich
sein? Aber es ist trotzdem, mit oder ohne Positionspapier, leider oftmals Theorie.

 

Ich bin mit neun Jahren dem JRK beigetreten und war immer mittendrin statt nur dabei. Egal ob in Gruppenstunden, auf Ausflügen, auf Wettbewerben und vielem mehr.  Mal mit Rollstuhl mal ohne Rollstuhl. Also Inklusion, wie man es sich nur wünschen kann. Die Grenzen der Inklusion im Roten Kreuz lernte ich leider ein paar Jahre später selbst kennen.

 

Ich wollte Rettungsdienst fahren! Für mich war das bis dahin völlig selbstverständlich. Die Freude am Helfen bekommt man im Jugendrotkreuz schließlich eingeimpft. Menschen helfen – genau das wollte ich! Sanitäterin – Rettungsdienst fahren als „Dritter Mann“ − Rettungsdiensthelferin – Rettungssanitäterin – das volle Programm.

 

Und dann wurde mir gesagt, dass ich dafür zu behindert bin. „Was sollen denn die Patienten denken“ war nur eine Aussage. Da kann ich nur sagen: Herzlich willkommen an den Grenzen der Inklusion im Roten Kreuz! Oftmals sind es gesetzliche Vorgaben, die die körperliche Eignung voraussetzen. Die körperliche Eignung wird aber auch ziemlich unterschiedlich ausgelegt. Für mich hieß es jedenfalls: Kein Rettungsdienst!

 

Immer wieder bekam ich aber auch gut gemeinte Ratschläge. Der Satz, der bei mir oft Brechreiz auslöst, ist: „Das Rote Kreuz besteht doch nicht nur aus dem  Rettungsdienst. Da lassen sich doch auch andere Aufgabenfelder finden.“ Ja, das ist richtig, aber ich wollte immer RETTUNGSDIENST fahren! Jeder ist nun mal anders. Jeder hat andere Interessen – auch im Roten Kreuz! Ich halte es für falsch sich euphorisch in das Thema Inklusion zu stürzen und würde mir wünschen, dass Ihr Euch auch mal kritisch mit der Inklusion im (Jugend-)Rotkreuz auseinandersetzen würdet!

 

Jörg, der JRK-Geschäftsführer des Landesverbandes, sieht es so:

 

Die 2009 in Deutschland eingeführte UN-Behindertenrechtskonvention nimmt auch uns als Verband in die Verantwortung, sich für die Teilhabe aller Menschen einzusetzen. Das gilt gesamtgesellschaftlich, sollte aber vor allem vor der eigenen Haustür beginnen, im eigenen Verband. Ich bin mir sicher, dass wir auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung auch Fehler machen und stolpern werden.

 

Dann muss es aber heißen: aufstehen, Krone richten, weiter gehen.

 

In der Diskussion um Inklusion und Schule ist landauf-landab zu lesen, wie schwierig sich alle Beteiligten tun. Das ist im Roten Kreuz nicht anders. Mit unserem  Positionspapier sind wir intern einen ersten Schritt gegangen. Negative Beispiele sind schlimm. Für mich persönlich völlig daneben und schwer auszuhalten. Sie sind aber noch mehr. Sie sind Ansporn.

 

Menschen mit Behinderungen werden immer wieder Zurückweisung erfahren. Dass sie aber aufgrund ihrer Behinderungen geschieht, kann nicht sein. Das ist nicht  hinnehmbar. Wir müssen jedoch vorsichtig sein in der Diskussion und nicht in eine Anwalts-Rolle zu verfallen. Wer wenn nicht Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Behinderung gleichermaßen, können die Diskussionen gestalten.

 

Nicht über sie sprechen, sondern mit Ihnen – wie in diesem Artikel, wie in der Antrags-Beratung in der Landesversammlung.

 

So gestaltet sich der Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft. Wie auch immer diese aussieht ...

Ziele im BJRK

 

● Das BJRK geht proaktiv auf neue Kooperationspartner sowie potenzielle neue Mitglieder zu zur gemeinsamen Prüfung
des Inklusionsbedarfs im BJRK

 

● Das BJRK arbeitet daran, Gruppenleitende mit Behinderung im Verband selbstverständlich werden zu lassen.

 

● Das BJRK baut strukturelle wie individuelle Barrieren und Hürden ab.

 

● Das BJRK fördert den Kontakt von Menschen mit und ohne Behinderung im Verband.

 

● Das BJRK setzt Inklusion im Zusammenhang von Intersektionalität und Diversität um.

 

● Mitglieder mit Behinderung haben selbstbestimmt sowohl das Recht darauf eigene Gruppen zu gründen als auch auf gemeinsame Gruppen.

 

● Das BJRK achtet auf ein Inklusions-Verständnis von gleichberechtigter Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderung statt von Fürsorge und Versorgung.

 

● Das BJRK orientiert sich bei allen Mitgliedern an ihren Fähigkeiten und Stärken und leistet Empowerment-Arbeit.

Das ganze Positionspapier im Downloadbereich