Mein Name ist Marilena

Es war einmal ein kleines, unauffälliges und doch irgendwie anderes Mädchen. Sie war 13 Jahre alt und hieß Marilena. Ihre Lieblingsfarbe war orange, sie trug gerne Kleider, spielte mit ihren Freunden und ging in die siebte Klasse.

 

Text: Arbeitsgruppe Diversität
3/2016

Im ersten Moment scheint sie ein ganz gewöhnliches Mädchen zu sein, wie die meisten anderen auch. Doch war sie es nicht. Marilena besuchte die Schule für Gehörlose und Taubstumme. Seit ihrer Geburt konnte sie weder hören noch sprechen. Dadurch gestaltete sich ihr Leben weitaus schwieriger. Die wenigsten in ihrem Umfeld wussten, dass sie zwar weder hören noch sprechen konnte, dennoch die Mimik und Gestik ihrer Mitmenschen besser verstehen konnte, als so manch anderer. Sie wusste immer, wenn es in dem Gespräch ihrer Eltern um sie ging. Genauso verstand sie, wenn andere Kinder über sie lachten. Dies machte sie immer besonders traurig. Nur weil sie nicht sprechen und hören konnte, bedeutete dies nicht, dass sie nicht die gleichen Interessen hatte wie andere Kinder in ihrem Alter. Mit ihren Klassenkameradinnen verstand sie sich super. Doch sogar dort war für sie die Kommunikation oft schwierig, da jeder eine eigene Gebärdensprache verwendete, sozusagen eine Art Dialekt.

Marilenas Eltern viel es immer wieder schwer, sich mit ihrer pubertierenden Tochter zu verständigen, sodass Marilena ganz oft das Gefühl hatte, ihre Eltern würden sie einfach nicht verstehen wollen! In solchen Situationen flüchtete sie in ihr Zimmer und spielte Gitarre. Das konnte sie nämlich.

Auch ohne Gehör hatte sie ein Gefühl für die Musik entwickelt. Sie spürte, wann es schief klang und wann die Musik einfach passte. Wenn Marilena Gitarre spielte wurde sie richtig glücklich. Sie fühlte sich dann besonders, so als könnte sie hören und zu ihrer wunderbaren Musik singen.

Eines Tages, kurz vor Marilenas Geburtstag, zog ein neuer Junge in ihre Straße. Marilena beobachtete ihn sehr lange. Sie fand ihn komisch, denn er spielte mit den andern Kindern in ihrer Straße ganz normal. Er konnte reden und hören. Doch wenn sie ihn mit seinem Vater spazieren gehen sah, bemerkte sie, dass er wie wild mit den Händen fuchtelte. Als würde er versuchen wollen, ihre Sprache zu verwenden. Nach ein paar Wochen fasste sie sich ein Herz und ging zu ihm rüber.

Vorsichtig winkte sie ihm zu, er lächelte und sagte: „Hallo.“ Verständnislos sah sie ihn an und er kapierte sofort. „Du kannst mich nicht hören, oder?“ Marilena zuckte mit den Achseln. Der Junge grinste und hob die Hand. „Das Alphabet kann ich schon“, und schon buchstabierte er in der Gebärdensprache seinen Namen, damit Marilena ihn verstehen konnte. Sie grinste und las „Korbinian“ Der Junge hieß Korbinian! Marilena freute sich riesig und schnell buchstabierte sie ihm ihren Namen und er verstand sie.

Ab diesem Tag an, trafen sich die Beiden täglich und sie lernten beide unheimlich viel voneinander. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

Als Gebärdensprache bezeichnet man eine eigenständige, visuell wahrnehmbare natürliche Sprache, die insbesondere von gehörlosen und stark schwerhörigen Menschen zur Kommunikation genutzt wird. Gebärdensprache besteht aus kombinierten Zeichen (Gebärden), die vor allem mit den Händen, in Verbindung mit Mimik und Mundbild (lautlos gesprochene Wörter oder Silben) und zudem im Kontext mit der Körperhaltung gebildet werden.

 

● Unter Schwerhörigkeit wird ein mittlerer Hörverlust bei etwa 50 Dezibel (dB) verstanden. Zudem gibt es leichte Schwerhörigkeit (20 bis 40 dB Hörverlust) sowie hochgradige Schwerhörigkeit (60 bis 80 dB Hörverlust).

Resthörigkeit definiert sich über einen Hörverlust ab etwa 90 dB. Darunter wird auch „an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit“ verstanden.

Gehörlos beziehungsweise taub ist man, wenn der Hörverlust mehr als 120 dB beträgt.

 

Nationale Unterscheidungen

 

●   Deutsche Gebärdensprache (DGS)

●  Österreichische Gebärdensprache (ÖGS)

●   American Sign Language (ASL)

 

Die deutsche Gebärdensprache ist als vollwertige Sprache anerkannt. Die Situation an Gehörlosenschulen verbessert sich ständig.