Unfall für die Zähne

In unserer Reihe rund um die Erste Hilfe beschäftigen wir uns diesmal mit unseren Zähnen.

Text: Florian Rößle
1/2016

Erste Hilfe bei Zahnunfällen

Wahrscheinlich kennt jeder jemanden, der schon einmal einen ernsthaften Zahnunfall hatte oder man ist gar selbst betroffen gewesen. Die Art der Zahnverletzung reicht dabei von gelockerten oder verschobenen Zähnen bis hin zu komplett ausgeschlagenen Beißerchen. Häufig sind die oberen Schneidezähne betroffen, eigentlich keine große Überraschung.


Einer Zahnverletzung geht in der Regel ein traumatisches Ereignis (Unfall, Sturz, Schlag etc.) voraus, auch das ist keine Überraschung. Für die Ersthelferin bzw. den Ersthelfer bedeutet
das, nicht nur den verletzten oder ausgeschlagenen Zahn im Blick zu haben, sondern auch an etwaige Begleitverletzungen zu denken (bspw. Gehirnerschütterung). Bevor wir uns der richtigen Versorgung zuwenden, noch einige Worte zur Unfallverhütung. Schließlich ist es am besten, wenn es gar nicht erst zu einer Verletzung kommt.

Stürze aller Art, egal ob mit Fahrrad, Tretroller oder vom Klettergerüst, sind die häufigste Ursache für eine Zahnverletzung.

Insofern tut man gut daran, diesen vorzubeugen. Prinzipiell sollte man sicher mit dem Gefährt, das man bewegt, umgehen können. Dies gilt für Kinder genauso wie für Erwachsene! Darüber hinaus ist natürlich auch entsprechende Schutzkleidung immer angesagt. Allerdings schützt bspw. ein Fahrradhelm nicht vor ausgeschlagenen Zähnen. Da müsste man schon einen Mundschutz tragen – etwas unrealistisch. Es lohnt sicher mal, einen kritischen Blick in das eigene Heim oder auch den Gruppenraum zu werfen. Gerade kleinere/jüngere Kinder haben häufig die optimale Größe, um mit ihrem Gebiss den Tisch oder das Sideboard zu ramponieren. Was die Sicherheit im öffentlichen Raum angeht kann man leider nicht viel tun. Schließlich kann man nicht jede Bordsteinkante mit Watte überziehen.

Prinzipiell gilt aber: Kinder, die sich viel bewegen, laufen weniger Gefahr, sich zu verletzen! Übung macht halt doch den Meister...

Grundregeln der Versorgung

Zur richtigen Versorgung einer Zahnverletzung gibt es einige Grundregeln, die man sich einprägen sollte:

● Ruhe bewahren und überlegt handeln

● oftmals blutet die Verletzung im Mundraum relativ stark, dann den Patienten vorsichtig auf eine Kompresse beißen lassen

● darauf achten, dass keine größeren Mengen Blut verschluckt werden

● äußerlich kühlen

● Trösten nicht vergessen!

● Begleitverletzungen ebenfalls versorgen, nicht nur auf den Zahn fokussiert sein!

Gelockert oder abgebrochen?

Die weitere Versorgung orientiert sich dann an der Art der Zahnverletzung:

● Zahn gelockert oder verschoben: nicht am Zahn manipulieren, ggf. Patienten nur vorsichtig auf eine Kompresse beißen lassen.

● Zahn abgebrochen oder ausgeschlagen: unbedingt und schnell das fehlende Stück, bzw. den Zahn suchen. Ist das gute Stück gefunden, niemals die Zahnwurzel anfassen. Den
Zahn nicht reinigen, auch wenn er verschmutzt ist! Zahn so schnell wie möglich richtig lagern, am besten in einer speziellen Rettungsbox, bspw. in der SOS Zahnrettungsbox oder
Dentosafe, in der die Zahnwurzel ca. 24 Stunden überlebt.
Alternativ kann der Zahn in H-Milch (max. 1 Stunde) oder in isotoner Kochsalzlösung (max. 30 Minuten) gelagert werden. Allerdings sind die Heilungschancen wesentlich schlechter.
Im Notfall kann der Zahn auch in Speichel gelagert werden (max. 15 Minuten). Aber bitte nicht im Mund, da hier die Gefahr des Verschluckens sehr groß ist!

●  Auch abgebrochene Zahnkanten und -ecken können ggf. wieder angeklebt werden. Diese also auch suchen und wiebeschrieben lagern.

● Sind Milchzähne herausgeschlagen, werden sie i.d.R. nicht zurück in das Gebiss gesetzt. Die Gefahr, den darunterliegen bleibenden Zahn zu schädigen, ist meist zu groß. Bitte
dennoch den Zahn/das Stück suchen, lagern und das weitere Vorgehen soll ein Fachmann, also Zahnarzt, entscheiden. Beim Verlust eines Milchzahns setzt der Zahnarzt meist
Prothesen als Platzhalter für die bleibenden Zähne ein.

● Prinzipiell gilt: Möglichst sofort den Zahnarzt oder eine Zahnklinik aufsuchen!

● Je schneller der Zahn wieder eingesetzt/behandelt wird, desto größer sind die Heilungschancen! Bleibende Zähne können sehr oft gerettet werden!

 

Eine Zahnrettungsbox sollte also in keiner Juniorhelfer- oder Schulsanitätsdienst-Tasche fehlen! Auch für den häuslichen Bereich, Sportstätten, Wandertage etc. bietet sich so ein Ding
wirklich an. Bei einem Anschaffungspreis von ca. 20 € und einer Haltbarkeit von drei Jahren sind die Kosten auch ziemlich überschaubar. Meine Zahnrettungsbox liegt übrigens in meinem
Badezimmer. Meine Schwester hat im Kindesalter einen ihrer Frontschneidezähne bei einem Fahrradsturz eingebüßt. Aus heutiger Sicht absolut unnötig.

 

Fotos: Johann Peter Kierzkowski, Kimmo Kiimalainen, Dirk Kropp (proDente e.V.)