Mathilda

Was heißt eigentlich Diversität?

N.N.
2/2017

Diversität wird im Duden mit Vielseitigkeit, Vielfalt, Vielfältigkeit oder Breite erläutert und stammt vom Lateinischen diversitas, was Unterschied und Verschiedenheit bedeutet.

Aber was genau hat es mit Diversität auf sich?

Mathilda ist 14 Jahre alt. Ihre Eltern kommen aus Deutschland, ihr Opa aus Russland. Mathilda spricht Deutsch und Russisch. Sie besucht die neunte Klasse des Gymnasiums und lernt dort Englisch und Französisch. Ihre Lieblingsband ist One Republic. Regelmäßig geht sie in eine Jugendgruppe, in der sie sich sehr wohl fühlt. Im ersten Moment scheint Mathilda ein gewöhnliches Mädchen zu sein. Doch was ist schon gewöhnlich?

Mathilda kam als Frühchen mit dem „VACTERL“-Syndrom auf die Welt. Ihre Speiseröhre war mit der Lunge verbunden, sie hatte zwei Vaginen, keinen Darmausgang sowie mehrere Herzfehler. Noch heute muss sie regelmäßig ins Krankenhaus. Ihr ist eine 70%ige Behinderung zugeschrieben worden.

 

Was macht Mathildas Diversität aus? Ihr Alter, ihr Geschlecht oder ihre Genderrolle, ihr Migrationshintergrund, ihre Vorliebe für One Republic, ihre Sprachkenntnisse oder ihre körperliche Beeinträchtigung?

Das alles gehört dazu. Aber weil Mathilda einen Behindertenausweis mit sich trägt, wird sie häufig in eine Schublade gesteckt. Ihre Diversität wird auf einen Aspekt reduziert. Sie wird dann als Problem betrachtet. Mit Vielfalt können also Zuschreibungen verbunden sein, die Menschen auf ihr vermeintliches Anderssein festlegen.

 

Vielfalt steht laut Duden für eine Fülle von verschiedenen Arten, Formen o. Ä., in denen etwas Bestimmtes vorhanden ist, vorkommt, sich manifestiert, große Mannigfaltigkeit.

 

Vielfalt bedeutet auch, dass jeder Mensch unterschiedliche Erfahrungen mit Ausgrenzung machen kann, aufgrund …

●  … der Hautfarbe: Abdul geht gerne ins Jugendzentrum. Das Fußballteam meidet er, weil er sich dort abgelehnt fühlt.

… der Herkunft: In der Schule wird Adriana häufig gefragt, woher sie denn eigentlich kommt und findet das nervig.

●  … des Aufenthaltsstatus: Viele Flüchtlinge haben eine Duldung, so auch Mustafa. Wie lange er noch   in Deutschland bleiben kann, ist ungewiss.

●  … der Religionszugehörigkeit: Noah ist Jude. Immer wieder gerät er wegen seiner religiösen Weltanschauung in Konflikte mit Muslimen und Christen.

… des Geschlechts: Franziska muss zu Hause immer im Haushalt helfen, während ihr Bruder draußen Fußball spielen darf.

●  … der Geschlechtsidentität: Julian ärgert sich darüber, dass ihn seine Lehrerin weiterhin mit seinem ursprünglich weiblichen Namen anspricht, obwohl er den schon vor zwei Jahren abgelegt hat.

●  … der sexuellen Orientierung: Johannes und Stefan sind verliebt. In der Öffentlichkeit zeigen sie es nicht offen.

… des Körpers: Mathilda verbringt viel Zeit im Krankenhaus. Die mitleidigen Blicke hat sie satt.

●  … des Alters: Jakob ist 72 Jahre alt. Die Kommentare, die er hört, wenn er seinen Motorradhelm  abnimmt, versucht er zu ignorieren.

●  … des sozialen Status: In der Schule gehört Lukas zu den beliebtesten Schülern. Dass seine Kleidung aus der Kleidersammlung kommt, verschweigt er.

… der Weltanschauung: Burcu hat immer ein Kopftuch dabei. Ist ein Mann in der Nähe zieht sie es an.

 

Mathilda hat ihre Familie, die Jugendgruppe und ihre Freundinnen, die sie als ganzheitlichen Menschen wahrnehmen und sie nicht auf ihre Behinderung reduzieren.

Quelle: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V. (IDA)

Text: AG Diversität, Mathildas Begebenheiten beruhen zum Teil auf Tatsachen.

Foto: Jenni Hanzlik