Es war wie bei einer Oscarverleihung

Die Diagnose war grausam: Weihnachten vor zwei Jahren erfuhr Grete Hechenbichler aus Ruhpolding, dass sie an Brustkrebs erkrankt war. Vielen ihrer Aufgaben konnte sie ab sofort nicht mehr nachkommen, auch der als Leiterin der Jugendrotkreuz-Gruppe Ruhpolding. Doch deren Mitglieder, allen voran fünf junge Damen, nahmen selbst das Zepter in die Hand und unterstützen bis heute Grete Hechenbichler. Dafür wurden sie jüngst mit dem Bürgerpreis des Landkreises ausgezeichnet. 

C. Siemers, BRK Traunstein
3/2010

„Von heute auf morgen musste ich aus allem aussteigen“ erzählt die Ruhpoldingerin, die vor sieben Jahren die Jugendgruppe übernommen hatte. Jetzt waren nur die Behandlungen und sie selbst wichtig. Doch auf den Schultern von Grete Hechenbichler lastet viel: Ein Bauernhof mit Bioladen, ein Opa als Pflegefall, die Vermietung von Gästezimmern, eine bewirtschaftete Alm – und die Jugendgruppe mit 13 Mitgliedern. Tochter Sophie gehört neben Kathi Horn, Susi und Vroni Hallweger sowie Resi Haßlberger zu den ältesten Mitgliedern der JRK-Gruppe. Sie erinnert sich noch gut an die schwere Anfangszeit. „Ich informierte die Gruppe über die Erkrankung
meiner Mutter und wir erklärten vor allem den Jüngeren, was das bedeutet.“ Nach dem ersten Schock waren sich alle einig: Die Jugendrotkreuzler wollten Grete Hechenbichler helfen, wo sie nur konnten. Sie organisierten ein Almfest sowie den Almabtrieb und präsentierten den Bioladen auf dem Rauhnachtsmarkt. Bis heute wechseln sie sich zusammen mit Familienmitgliedern bei der Pflege des Opas ab, leiten die Jugendgruppe und übernehmen zeitweise Hausarbeiten sowie die Stallarbeit. Schmunzelnd erinnert sich Kathi Horn dabei an Kämpfe mit einem übermütigen Geißbock. 

„Wir sind wie eine große Familie“

All diese Aufgaben müssen die Mädchen mit ihren verschiedenen Berufen und der Arbeit in der Ruhpoldinger Bereitschaft des BRKs in Einklang bringen. „Trotzdem besucht mich immer eines von den Mädchen und will helfen. Wir sind inzwischen wie eine große Familie und sie alle sind für mich fast wie Töchter“, so Grete Hechenbichler. Für Annette Weisky, die Leiterin des JRK im Landkreis, wird der Grundsatz des Jugendrotkreuzes, die Entwicklung junger Menschen zu selbstverantwortlichen Persönlichkeiten zu fördern, in Ruhpolding auf dem Hechenbichler Hof vorbildlich in die Tat umgesetzt. „Die JRK-Gruppe meistert das alles hervorragend und sie alle waren sehr mutig, die Krankheit ihrer Jugendleiterin mitzutragen. Es wäre schön, wenn es mehr solcher Menschen geben würde, die einfach so helfen.“ 

Bürgerpreis wie eine Oscarverleihung

Deshalb schlug der JRK-Kreisausschuss die Ruhpoldinger als eine von 19 JRK-Gruppen im Landkreis für den Bürgerpreis vor, was die Jury einstimmig befürwortete. Susi Hallweger ist heute noch aufgeregt wenn sie an die Verleihung im Landratsamt zurückdenkt. „Es war wie bei einer Oscarverleihung. Plötzlich standen wir auf der Bühne im Mittelpunkt, obwohl wir die Jüngsten waren.“ Auch Grete Hechenbichler strahlt. „Ich find das alles total bärig, die Mädchen haben den Preis wirklich verdient.“ Noch immer steht die Sorge um Grete Hechenbichler im Mittelpunkt der JRK-Gruppe. Sollte es Anzeichen geben, dass sie ihre Krankheit überwinden kann, planen die Mädchen ein großes Fest. Mit dem Preisgeld wollen sie neue T-Shirts kaufen und vielleicht einen schönen Ausflug auf den Hochfelln machen. Hoffentlich können sie dann glücklich und zufrieden an die schwierigen Zeiten zurückdenken, in denen sie nicht nur einen widerborstigen Geißbocks gebändigt haben...