Wir helfen Kindern in Bulgarien!

In jedem Kind steckt unsere Zukunft. Das heißt aber auch, daß wir Kindern und Jugendlichen den Weg in die Zukunft ebnen sollten. Durch Erziehung ebenso wie durch soziale und finanzielle Hilfestellung. Was aber, wenn Kids die Perspektive fehlt? Keine Zukunft - no future? Das schwäbische Jugendrotkreuz hat zwei Projekte in Bulgarien ins Auge gefaßt.

Wolfgang Hödl
1/1996

Wo helfen wir? In Plovdiv, einer Stadt in Bulgarien mit ca. 540.000 Einwohnern. In der Umgebung von Plovdiv leben einige hundert Kinder und Jugendliche in Heimen. Die Kinder und Jugendliche haben kaum Spielzeug und zu wenig Bekleidung. Die Betreuung und die Freizeitmöglichkeiten außerhalb der Schule sind sehr gering. Warum gerade Plovdiv? Weil wir zum dortigen Jugendrotkreuz und zu den Heimen in und um Plovdiv bereits feste Kontakte haben und gezielte Schwerpunkthilfe leisten wollen. Ein gutes Stück humanitäre Hilfe also. Was wollen wir erreichen? Wir wollen, daß die Ärmsten der Armen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden. Wir wollen Spielzeug, Bücher und Bildungslektüren beschaffen. Aber auch Bekleidung ist dringend erforderlich. Das schwäbische Jugendrotkreuz wird das Notwendige besorgen und persönlich nach Plovdiv bringen. Hilfe, die ankommt.

...und so kam es dazu

Beim Workshop Fundraising in Sozopol lernte Christine Haugg die hauptamtliche Mitarbeiterin für das Jugendrotkreuz in Plovdiv kennen. Das schwäbische Jugendrotkreuz förderte diesen Kontakt, lud eine Gruppe von acht Jugendlichen und Shivka Angelova zum Zirkuszeltlager 1995 nach Schwangau ein. Bei den gemeinsamen Gesprächen zeigte sich, daß der Erfahrungsaustausch sowie eine weitere Zusammenarbeit sehr wünschenswert wäre, um somit einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten. Von seiten des schwäbischen JRK- Bezirksausschusses wurden die Projekte mit Bulgarien begrüßt. Zwei Gesichtspunkte müssen dabei berücksichtigt werden: Zum einen soll kein jährlicher Austausch mit je einem ’/a Rotkreuzprogramm, Kultur und Sightseeing organisiert werden, da sich ein derartiger Austausch nach ein paar Jahren „totläuft"; zum anderen sollte ein Kreisverband - unter der Betreuung des Bezirksverbandes Schwaben - die konkrete Umsetzung des Projektes übernehmen. Das Projekt soll nicht eine einmalige Hilfe darstellen, sondern kontinuierlich, an den Bedürfnissen in Plovdiv orientiert, fortgeführt werden.

Das Jugendrotkreuz des Kreisverbandes Augsburg-Stadt

wird dieses Projekt umsetzen. Die Aktion beschränkt sich primär auf das Kinderheim „Maria Louisa". Dort ist folgende Situation: In dem Kinderheim leben sechs bis acht Kinder in einem Raum zusammen. Die Ausstattung des Raumes beläuft sich auf ein Bett mit einem Bettkasten (Schränke sind nicht vorhanden). Die Wände der Räume sind kahl und die Kinder haben keine Möglichkeit für eine eigene Intimsphäre. In dem Kinderheim gibt es zwei Aufenthaltsräume, die für die Hausaufgaben benützt werden. In dem Speisesaal holen die Kinder ihr Essen in einem Blechteller bei der Essens ausgabe ab. Die Möglich keiten der Freizeitbeschäftigung sind sehr begrenzt und zweimal in der Woche gibt es eine Disco. Eine pädagogische Betreuung der Kinder durch das Personal des Kinderheimes findet nicht statt, sondern man kann hier von „Aufbewahrungsanstalten" sprechen. Die Kinder schauen am Nachmittag und am Wochende viel Video, haben fast kein eigenes Spielzeug und werden in der Persönlichkeitsentwicklung nur sehr wenig gefördert.

Das Jugendrotkreuz in Plovdiv

hat bereits Kontakt zu den Kinderheimen und versucht hier kontinuierliche Hilfe zu leisten. Ganz besonders drastisch zeigt sich dies in den Ferien (Weihnachten, Ostern und Sommer), wenn keine konsequente Betreuung der Kinder erfolgt. In den vergangenen Jahren gab es immerhin noch finanzielle Mittel, damit für die Kinder ein Sommerlager oder ein Hüttenaufenthalt organsert werden konnte. Aber auch diese Mittel werden immer geringer, so daß diese Ferienaktionen „dem Roststift zum Opfer" fallen.
So soll neben der materiellen Hilfe auch einen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Kinder geleistet und darüberhinaus ein aktiver Beitrag zur Völkerständigung entwickelt werden. Das Jugendrotkreuz Augsburg-Stadt übernimmt die „Patenschaft" für das Kinderheim, damit eine gewisse Kontinuität gewährleistet ist. Der Hilfstransport wird vermutlich in den Pfingstferien erfolgen.

Es geht aber noch weiter

Auch die gemeinsame Fortbildung von Gruppenleitern und damit verbunden Erfahrungsaustausch und Kennenlernen der Kultur des anderen Landes ist hier eine natürliche Fortsetzung dieser Hilfsaktion. Die Fortbildungen werden von einem Team aus max. sechs Personen (paritätisch besetzt) durchgeführt. Als Ort der Fortbildungen sind im Wechsel Schwaben bzw. Bulgarien vorgesehen. Die Sprache sollte bei der Durchführung in Schwaben deutsch sein und in Bulgarien englisch. Als mögliche Themenbereiche kommen in Frage: Realistische Unfalldarstellung, Motivation, Körpersprache, Erlebnispädagogik. Die Zielgruppe sind Gruppenleiter im Alter von 16 bis 25 Jahren - der Termin ist im September (Ausschreibung erfolgt rechtzeitig)!
Mit einem Leadership-Training soll der gemeinsame Erfahrungsaustausch gefördert werden, evt. Lösungsänsätze für gemeinsame Probleme gefunden werden, die Kultur desjeweiligen Landes kennengelernt werden um zu erfahren, daß es besser ist, wenn Menschen miteinander reden statt sich zubekriegen.