Eine kleine Reise durch die Welt der Menschlichkeit

Ich finde, der Begriff Menschlichkeit ist schwer zu definieren. Er kann so facettenreich sein. Man kann ihn als menschliche Gesinnung definieren oder auch als menschliche Art und Weise des Handelns jedes Einzelnen.

Kathrin Bruss
Kathrin Bruss
1/2019

Mit meinen 21 Jahren konnte ich schon ein wenig die große, weite Welt  erkunden, verschiedene Kulturen und viele Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler kennenlernen.

 


Meine erste internationale Rotkreuz-Erfahrung machte ich 2015 beim Internationalen Freundschaftscamp in Österreich, mit Teilnehmern aus 22 Nationen! Alle sprachen eine andere Sprache, kamen aus einer anderen Kultur und lebten trotzdem zweieinhalb Wochen friedlich zusammen unter einem Dach. Das ist Menschlichkeit:  offen für andere zu sein, egal welche Hautfarbe, Sprache, Religion und Kultur sie haben.


Kurz darauf begann mein einjähriger Freiwilligendienst beim Ugandischen Roten Kreuz. Schnell merkte ich, dass vieles kaum mit dem Deutschen Roten Kreuz zu vergleichen ist. Aber: Die uns vertrauten Rotkreuzgrundsätze werden auch dort gelebt.Das Ugandische Rote Kreuz hat sehr geringe finanzielle Mittel zur Verfügung und Material nur, wenn es vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) gespendet wird. Während es in Deutschland oft um die beste Ausstattung geht oder darum, wer die tollsten Sanitätsdienste geleistet hat,  wird dort bei den Erste Hilfe Kursen den Leuten beigebracht, wie sie mit den vorhandenen Alltagsgegenständen Menschenleben retten können.

 


Auch wenn die Leute sehr arm sind, sind sie unglaublich dankbar. So verbrachte ich viele Tage mit Seniorengruppen oder besuchte diese zuhause. Sie lebten meist in Lehmhütten in sehr abgeschiedenen Gegenden und schliefen auf Bastmatten am Boden. Ihre Familien mussten sie von den Erträgen ihrer eigenen kleinen Landwirtschaft ernähren.

 


Als ich einmal bei einer Seniorin zu Besuch war, freute sie sich so sehr, dass sie mir Chilischoten aus ihrem Garten schenkte. Normalerweise verkaufte sie die Chilis auf dem Markt, um den Unterhalt ihrer Familie zu sichern. Aber Gastfreundschaft und Menschlichkeit wird hier trotz allem gelebt.


Uganda grenzt an die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan –  Länder, aus denen die Leute fliehen, weil sie dort nicht sicher leben können. Uganda zeigt Menschlichkeit: Die Flüchtlinge können dort in Sicherheit leben und werden ohne große Probleme integriert. Trotz geringer Mittel versucht man zu helfen, wo es geht.

 


Im Nachbarland Ruanda habe ich eine ganz andere Mentalität kennengelernt. Während Ugander sehr offene, laute Menschen sind, die die Muzungu („Weißen“) schon aus der Ferne begrüßen, erlebt man in Ruanda das komplette Gegenteil. Der Genozid von 1994 veränderte die Menschen sehr. Sie sind in sich gekehrt und sehr korrekt, aber dennoch sehr liebenswert. Auch ihr Verhalten ist menschlich. Menschlichkeit stellt sich genauso in Trauer oder Angst dar.

 


Oft hat Menschlichkeit nur mit kleinen Dingen zu tun. Als ich beim internationalen Rotkreuz-Camp in Armenien war, hatte ich das Pech, dass mein Koffer den Flughafen in München nie verlassen hat. Doch es fehlte mir trotzdem an nichts: Von der Zahnbürste bis zur Hose – alle sorgten dafür, dass mir das Nötigste zur Verfügung stand.

 


Menschlichkeit ist ein großes Wort und wird oft durch kleine Taten gelebt. Die Rot Kreuz Grundsätze sind unser Aushängeschild, wir bringen sie den Jugendrotkreuzlern bei, doch leben wir sie auch?  Im Roten Kreuz sollte es weder um Macht, noch um Ruhm und Ehre gehen. Es sollte um das Miteinander, den Spaß und die Freude am Helfen gehen. Und darum, gemeinsam etwas zu bewirken! Menschlich sein heißt, andere zu nehmen, wie sie sind, sich für andere zu freuen, sie zu unterstützen, anstatt sie auszunutzen. Man muss nicht jeden mögen, aber man sollte jeden akzeptieren und tolerieren.
Während meiner Auslandaufenthalte habe ich gemerkt, in welchem Überfluss wir leben. Überlegt einfach mal, was alles gut in eurem Leben ist und was euch wirklich fehlt. Versucht, in den kleinen Dingen im Alltag Menschlichkeit zu entdecken. Oft ist es nur ein einfaches „Bitte“ oder „Danke“.

VERSUCH DOCH MAL „BITTE“ ODER „DANKE“ auf Luganda, der Volkssprache in Uganda oder Kinyarwanda (Ruandisch) zu sagen.

Vielen Dank

Webale
Uganda Luganda


Murakoze cynae
Ruanda Kinyarw

Bitte sehr

Kale nyabo (Frau)
Kale sebo (Mann)

Uganda Luganda


Ntakibazo
Ruanda Kinyarwanda