Polen-Hilfe für Neugeborene und ihre Mütter

Zu Beginn war ein wenig Angst. Dann wurde hin und her überlegt.

Christian Haas
2/1983

Viele Köpfe wägten das Für und Wider gegeneinander ab. Dann wurde ein zögernder Versuch gemacht und heute kann fast jeder behaupten, einen Beitrag zum Gelingen der Polenaktion geleistet zu haben. In seiner Herbstsitzung 1982 legte der Landesausschuß Jugendrotkreuz die Grundsteine zur JRK-Polenaktion in Bayern. Zu diesem Zeitpunkt ahnte aber noch niemand, welche Ausmaße sie je haben würde. Nachdem die Aktion durch einen Rundbrief angekündigt wurde, waren die meisten JRKGruppen in den Kreisverbänden sofort bereit, ihr Möglichstes dafür zu tun. Die Bestellungen von Werbematerialien wie Faltblatt, Aufkleber, die Mappe oder das Plakat rissen nicht ab. Manche Gruppen mußten allerdings sehr lange auf ihre Bestellungen warten, da die zuständige Stelle in Bonn restlos überlastet war. Auch ging das alles sehr ins Geld, so daß die Pakete mit Werbematerial unfrei geschickt werden mußten. Doch entgegen manchen Befürchtungen ging das Material nie aus! Mit den Werbematerialien ging die Aktion so richtig los. Über all wurden Spendenkontos bekannt gegeben. Bayern richtete landesweit ein Konto ein, verschiedene Kreisverbände zusätzlich eines für die nächste Umgebung. Die JRK-Gruppen kamen auf die verschiedensten Ideen. Die Möglichkeiten, an Spenden zu kommen, wurde jeder Gruppe offen gelassen. Lediglich der Inhalt der Pakete und die ungefähre Größe wurden empfohlen, da erstens diese Materialien laut Untersuchung der Liga in Polen dringend benötigt würden und zum Zweiten, um ein relativ problemloses Verstauen der Kartons in den Lastwagen zu ermöglichen.

Ideen über Ideen

Oft wurden bereits schon länger geplante Aktionen, wie zum Beispiel ein Flohmarkt, ein Weihnachtsbasar, ein Kinderbzw. Altennachmittag, eine
Tombola oder ähnliches kurzfristig zu Gunsten der Poienaktion durchgeführt. Da war für die Gruppen der langersehnte eigene Tageslichtprojektor plötzlich nicht mehr so wichtig. Andere Gruppen hielten Eltern vor Kaufhäusern an, damit sie bei ihren Einkäufen auch Nahrung für Babys in Polen besorgen. Diese sollten sie anschließend am Ausgang abgeben, um sie gesammelt nach Polen zu bringen. Manche Gruppen kamen auf die Idee, während der Weihnachtseinkäufen der Eltern Kinderbetreuungen durchzuführen. Selbst ein Rockkonzert wurde zu Gunsten der JRK-Polenaktion durchgeführt.

Hörenswerte Ergebnisse

In der Zeit vom Herbst '82 bis zum Frühjahr '83 konnten in Bayern Spenden in Höhe von 400.000.- DM gesammelt werden. Dieses Ergebnis ist weit höher, als die Hälfte des Gesamtspendenaufkommens auf Bundesebene. Die Höhe der Summe spricht für sich und für das Engagement der bayerischen JRK-Gruppen. Es gab natürlich -wie immer einige Gruppen, die sich über die Aktion geärgert hatten. Sie sprachen davon, daß imme über die Köpfe der Basis hinweg entschieden werde, daß man nicht gefragt werde, und daß in der Praxis alles schwieriger zu realisieren sei, als es sich der Landesausschuß ausdenke. "Die sollten doch selbst einmal an die Basis gehen, dann wüßten sie, wie schwer das ist."

Schimpfer und Dauermeckerer

Diesen Schimpfern und Dauermeckern kann wohl kaum geholfen werden, da sie offensichtlich nicht kapieren wollen, daß die Leute 'Da oben' z. B. im Landesausschuß zu 80 Prozent selbst in der praktischen Jugendarbeit stehen. Sie müssen daher - genau so wie alle anderen - ihre Beschlüsse selbst ausführen. Weitaus trauriger ist es, wenn JRK-Gruppen so unflexibel sind und sich nicht kurzfristig (1/2 Jahr im Voraus!) auf Hilfsaktionen einstellen können. Im April konnten zwei Konvois voll aufgepackt nach Polen rollen. Es waren natürlich auch einige Jugendrotkreuzler dabei. Dies war durch die Osterferien gut möglich. Schwaben stellte mit Ober- und .Mittelfranken einen Konvoi zusammen, später fuhren Oberbayern mit Niederbayern-Oberpfalz. Beide konnten ihre Spenden relativ problemlos nach Polen btf/dern. Jeder Konvoi benötigte fünf Tage Fahrtzeit, um
die Strecken zurückzulegen. Durch diese Aktion ist das Ansehen und der Bekanntheitsgrad des Jugendrotkreuzes in der Öffentlichkeit wieder sehr gewachsen. In sämtlichen Tageszeitungen, im Radio und sogar im Fernsehen wurde darüber berichtet. Allen Beteiligten sei auch einmal an dieser Stelle für ihren Einsatz und ihre Ausdauer Dank gesagt.

Das JRK Tirschenreuth konnte mit zwei Gruppen durch einen Stand am Weihnachtsmarkt einen Reingewinn von 626,50 DM für die JRK-Polenaktion erwirtschaften. Über einen Großhändler wurden Babynahrung und Pflegeartikel eingekauft. Es konnten 18 Pakete Typ 1 und 8 Pakete Typ 2 zusammengestellt werden.

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