Eine irre Show - Dias mit Musik

Erinnert Euch einmal, wie das war, als ihr in der Gruppe zum letzten Mal Dias vorgeführt habt ... war doch irgendwie etwas besonderes, nicht?

Georg Soller
Haas
3&4/1983

Nun stellt Euch mal vor, zu diesen Dias wäre passende Musik gelaufen, und wie im Kino erzählt ein Sprecher Interessantes rund um die Dias. Das ist besonders wirkungsvoll, wenn die Aufnahmen schon eine Weile zurückliegen. All das ist gar nicht so schwierig zusammenzustellen. Man braucht dazu nur ein paar Musikkonserven, ein oder zwei Tonband-Geräte/Cassettenrecorder, ein Mikrofon und eine Portion Ideen. Was man dann alles beachten sollte, damit das Ergebnis richtig hörenswert wird, das soll im folgenden beschrieben werden.

Vom Amateur zum Profi

Um Euch nicht abzuschrecken, eine Warnung im Voraus: Wir wollen mit diesem Artikel Möglichkeiten aufzeigen, mit denen man die Arbeitsweise von Profis nachvollziehen kann. Abstriche könnt ihr selber machen, und die einfachste Methode sieht so aus: Ihr stellt zu den Dias die Musik zusammen, und eine oder zwei Personen lesen die Texte während der Vorführung vor. Einfach, aber garantiert nicht ohne Wirkung. Den ersten Gedanken an die Dia-Show sollte man sich bereits bei der Planung der VERANSTALTUNG, bei der man zu fotografieren beabsichtigt, machen. Natürlich, soweit das geht. Wichtig ist das auch im Hinblick darauf, ob ihr Original-Töne (im Funkjargon: "O-Ton" oder "Atmo" genannt) aufnehmen wollt. Denn eine Ansprache bei einem Fest (auszugsweise), Ansagen oder Erklärungen durch Führer machten die dokumentation noch präziser und lebendiger. Atmo, z. B. Regen und Donner, kann man auch leicht imitieren.

Zusammenspiel von Bild und Ton

Eine Dia-Show ist ein Mittelding zwischen Fotografie und Film. Dessen sollte sich der Fotograf schon während der Aufnahme bewußt werden. Deshalb hier ein weiterer Grundsatz: Lieber zuviele Dias, von denen man einen Teil wegwirft (aber wirklich wegwirft!) als nachher feststellen, daß eine verbindende Aufnahme fehlt. Wichtig ist, daß ihr von größeren Dingen (z. B. Gebäuden) auch Detailaufnahmen anfertigt, das lockert den Vortrag auf. Abwechslung bedeutet ohehin eine ganze Menge, aber nicht alles: Stellt zu einem Inhaltspunkt immer drei bis zwölf Bilder vor - je nach Bedeutung - damit sich der Betrachter auf das Sujet (= Bildgegenstand) einstellen kann. Macht Euch Notizen zu dem was ihr fotografiert habt; was sich bei Sehenswürdigkeiten und anderen Dingen, die nicht zu Euerer direkten Umwelt gehören, später als nützlich erweisen kann. So, und dann kommen die Dias von der Entwicklungsanstalt zurück. Hier kann die eigentliche Gruppenarbeit beginnen. Alle Leute sichten das Material und wählen eine schöne und sinnvolle Bildfolge aus. Hier gilt der obige Grundsatz genau umgekehrt: Lieber eine kurze sehenswerte Dia-Show als eine langatmige. Keine Wiederholung von gleichen oder ähnlichen Dias! Denn nur diese Show gilt als gelungen, wenn die Zuschauer wünschten, es würde weitergehen. Als nächstes werden die Texte erarbeitet. Texte, das hat eigentlich weniger mit dem Deutsch-Aufsatz in der Schule zu tun, als vielmehr mit den Erklärungen für das Publikum. Aber bitte nicht das Bild beschreiben, die Zuschauer sehen es ja selbst. Nur sagen, was zu sehen ist und dazu interessante Zusatzinformationen aus dem Reiseführer, dem Lagerbuch oder dem Veranstaitungsbericht geben. Nette Geschichten und ein paar Gags lockern das Ganze auf.

Musik ist wichtig

Im nächsten Schritt wird die Musik ausgesucht. Hier spielt Geschmack eine Rolle, über den man ja bekanntlich nicht streiten darf!!! Dazu nur ein paar Tips: Sucht Euch Stücke aus, die stilistisch zusammenpassen, und vielleicht sogar zu den Bildern passen. Passt auch auf, daß ihr die Musikstücke nicht zu hektisch wechselt. So, und ab jetzt wird's technisch. Je aufwendiger man die endgültige Mischung gestaltet, umso mehr Kabel und Stöpsel können Euch verwirren. Im Grund genommen geht es jetzt nur darum, Musik, O-Ton und die Sprechertexte zusammenzumischen, und zwar so, daß kein "Hörbrei" entsteht, sondern ein in allen Passagen einwandfrei verständliches Klanggebilde. Wie sich das anhören könnte, soll am Beispiel einer Bilderserie über einen Hafen verdeutlicht werden: Als Musik wurde ein Seemannslied ausgesucht, darüber wurden typische Hafengeräusche gemischt. Je nachdem ob ein Schiff zu sehen war, wurde ein Tuckern oder eine "Dampfertute" hinzugefügt. Am Anfang erzählte der Sprecher ein paar einleitende Worte, die technischen Erklärungen lieferte wieder eine Originalaufnahme: Der "Erklärmaat" des Besichtigungsschiffes. Musik und Hafengeräusche waren an den Stellen, wo gesprochen wurde, natürlich nur sehr leise im Hintergrund zu hören.

Tips und Tricks

Wie macht man das? Zunächst einmal nimmt man alle Musikstücke in gleichbleibender Lautstärke und nahtlos in der endgültigen Länge und Reihenfolge auf. Das fertige Produkt nennt sich "Musikband" und hat bereits die endgültige Länge des Vortrags. Zu diesem Musikband muß nun passend zum Diawechsel die "Sprache" gemischt werden. Wohl dem, der in solchen Fällen ein Mischpult besitzt, denn damit kann man per Regler alle "Zutaten" an der Endmischung sauber dosieren. Wer das nicht hat, der muß sich mit einem Mikrofon und Lautsprecher(-box) behelfen: Während der Sprecher redet, wird die über die Box kommende Musik am Lautstärkeregler einfach zurückgedreht. Mit einem weiteren Helfer können so auch zusätzliche Geräusche über einen weiteren, vom ersten unabhängigen Lautsprecher dazugemischt werden. Hier kommt man - wie auch am Mischpult - ohne vorheriges Ausprobieren nie zurecht. Aber nach zwei, drei Anläufen klappt das sicher. Wichtig ist dabei vor allem, daß ihr die Musik und die Geräusche so weit zurückdreht, daß man den Text gut verstehen kann. Vorsicht vor lauten Musikpassagen! Zum Abschluß sollen hier noch einige technische Tricks verraten werden, die euch am Anfang sicher Schwierigkeiten machen. Das gilt zum Beispiel für den Umgang mit dem Mikrofon; denn ein Mikrofon kann nicht "zuhören", es nimmt alle Geräusche auf, die seine Membrane treffen. Deshalb ist es wichtig, das Mikrofon immer in die richtige Richtung zu halten, und immer möglichst nah (aber auch wieder nicht direkt am Mund!) an der Schallquelle zu bleiben. Auch sollte das Mikrofon möglichst ruhig stehen, der Sprecher ebendalls ruhig sitzen, den Veränderungen im Abstand zwischen Sprecher und Mikrofon "hört" man in der Lautstärke. Auch sollte man vermeiden, das Mikrofon in der Hand zu halten, weil das Kratzgeräusche überträgt. (Fachjargon: Körperschall-Empfindlichkeit). Natürlich ist das Ergebnis bei teueren Mikrofonen, die ihr vielleicht sogar im Kreisverband ausleihen könnt, besser.

Eine Probe in Ehren...

Die Sprachaufnahmen sollten in einem Raum gemacht werden, weil Räume einen Eigenklang haben. Auch sollten keine zu langen Pausen zwischen den Aufnahmeabschnitten liegen, denn eine Stimme verändert sich ständig; schon nach einer Stunde ist der Unterschied hörbar. Der "Regisseur" einer solchen Produktion muß übrigens auch auf den Sprecher achten. Deutlich soll dieser sprechen, nicht zu schnell. Ruhig übertrieben betonen und vor allem den Mund aufmachen. Die Endsilben sollten nicht verschluck werden, sondern deutlich zu hören sein. Wenn alle diese Kriterien erfüllt sind, benötigt der Sprecher kein Hochdeutsch: Auch ein Dialekt kann deutlich gesprochen werden!
Noch ein Wort zu der Tonbandgeräten bzw. Cassettenrekordern: Bei der endgültigen Abmischung ist es unumgänglich, daß mar die Aufnahme per Hand aussteuern (oder auspegeln) kann. Eine Aufnahmeautomatik würde allen Lautstärkeveränderungen entgegenwirken - mit einer verheerenden Wirkung! Eine elegante Vorführung muß das Publikum von aller Technik ausklammern. Der Aufbau und die Kurzprobe müssen vor dem Eintreffen des ersten Gastes beendet sein. Lautsprecher hinter der Leinwand plazieren, Kabelfallen möglichst vermeiden. Die Musik beginnt etwa eine Viertelminute bevor das erste Dia aufleuchtet, das letzte Dia der Vorstellung bleibt stehen, bis das Deckenlicht wieder eingeschaltet ist. Am Schluß noch eine wichtige Antwort auf die Frage: "Warum den ganzer Zirkus machen?"

aufwendig muss es nicht sein

Wir haben uns zur Vorstellung dieser aufwendigen Produktion entschlossen weil hier die verschiedenen Interesse einer Gruppe gut zu einem Ziel verschmolzen werden können: Einer fotografiert gern, ein anderer liebt Musik, den dritten interessiert die technisch Seite und der vierte nützt sein sprachliches Geschick beim Texten. Jeder hat eine Aufgabe, und allein würde es wohl keiner anpacken, noch fertigbringen. Eine durchdachte Dia-Show ist ein echtes Erlebnis, das als Höhepunkt eine Elternabends, einer Informationsveran staltung, einer Ausbildung oder eine Ausstellung aufgeführt werden kann. Die Gruppe kann sich selbst darstellen ihre Aufgaben schildern und alles aus ihrer Sicht kommentieren. Diese Dia-Show könnte sogar ein wohlgesinnter Lehrer im Unterricht vorführen. Und wenn die Gruppe den "optischen" Teil weglässt, und einfach versucht selbst "Radio zu machen", dann ist schon der kritische Umgang mit Medien etwas, was wir vielen anderen voraus haben.