100 Jahre Wasserrettung

Fest der Wasserwacht

Christian Haas
3&4/1983

Donnerstag, 2. Juni 1983

Geselliges Treiben herrscht schon in den frühen Morgenstunden auf einem Grünstreifen nahe dem Siemens-Gelände in Regensburg. Viele Leute sind damit beschäftigt, Zelte aufzubauen, Ausschilderungen vorzunehmen, Informationsmappen zusammenzustellen, Bänke und Tische in einem großen Festzelt aufzubauen; ein paar von ihnen liegen auch nur in der prallen Sonne und lassen sich ihren Bauch bescheinen. Wir befinden uns auf einem Zeltlager. Es wird anläßlich des 100jährigen Bestehens des Wasserrettungsdienstes im Roten Kreuz durchgeführt.

4 Tage im Zelt

Ein Zeltlager für Jugendliche und Aktive, der 11. Bundeswettbewerb im Rettungsschwimmen, der Wasserrettungskongress, der Festakt >>100 Jahre Wasserrettung<< und ein Empfang durch die Bayerische Staatsregierung sind Programmpunkte dieser Veranstaltung. Nach einem Vormittag voller Arbeit, einem unwahrscheinlich heißen Mittag, sucht jeder das kühle Naß des am Zeltlagerplatz gelegenen Schwimmbades auf. Außerdem ist bereits heute der Bayerische Rundfunk da, der Jugendliche nach ihrem Grund frägt, warum sie an dem Zeltlager teilnehmen. Unter den Jugendlichen findet die Reporterin immer wieder Gruppen, die bis von Berlin, Hamburg oder sonstigen sehr weit entfernten Städten angereist sind. Am späten Nachmittag läuft im Festzelt eine Disco. Die Jugendlichen bewegen sich nach den schrillen Tönen der Musik. Der Veranstalter: "Das haben wir gemacht, damit sich die Jugendlichen besser kennenlernen können!" Und das taten sie dann auch. Spontan kommt eine Gruppe auf das Podium und stellt sich vor. Sie sagten wer sie sind, woher sie kommen und was sie so machen. Andere Gruppen machten es ihnen nach. Etwas später wollte jemand seine Spielidee loswerden, was ihm auch gelang. Immer wieder fällt jemandem ein kurzes Spiel ein, das dann mehr oder weniger Anklang findet.

Heiß wie im Urwald

Bis in den Abend hinein verlagert sich das Geschehen unter die Zeltplane, auch wenn dort bereits tropische Temperaturen herrschen und das Thermometer immer höher hinaus möchte. Die Antworten der meisten Teilnehmer auf die Frage: "Wie gefällt es euch denn hier?" lauten "Na, s'isch scho pfundig. Saugut isch des halt, daß m'r net überall mitmacha muaß! M'r kenna dua, was m'r mechta!" Ja, es ist wirklich kein Zwang da, an den verschiedenen Angeboten der Veranstaltung teilzunehmen. Trotzdem findet man die meisten Jugendlichen immer dort, wo etwas geboten ist. Sehr leidtragend sind lediglich die Jugendrotkreuzier aus Regensburg, da diese zu vielen verschiedenen Diensten, wie zum Beispiel zum Aufräumen und Sauberhalten des Zeltplatzes, zu Hilfsdiensten im Schwimmbad oder zur Bereitschaft im Informationszelt herangezogen werden. "Das macht aber nichts, denn beim nächsten Mal sind wir ja die Gäste, und dann geht es den anderen so, wie es uns jetzt geht."

Die Devise: Kopf hoch

Auf diese und auch manch andere Art und Weise müssen die Jugendrotkreuzier oftmals 'aufgepäppelt' werden, da sie auch viel lieber an den Aktionen teilnehmen und auch lieber in das kühle Naß des Schwimmbades springen würden. Die aktiven Teilnehmer am Bundeswettbewerb im Rettungsschwimmen haben zeitweise recht wackelige Knie, da sie feste am Trainieren sind. Vergleiche werden gezogen und Chancen errechnet. Am Beckenrand des Schwimmbades kann man zuweilen Trainer erkennen, die ihren Schützlingen noch Tips und gute Ratschläge geben wollen. Kurz unci gut, als stiller Beobachter am Rande des Geschehens kann man auf der einen Seite die ausgelassenen Teilnehmer erkennen, auf der anderen Seite die knisternde Anspannung der Rettungsschwimmer. Immerhin starten die Besten aus 11 Landesverbänden mit insgesamt 17 teilnehmenden Gruppen. Diesen wird nicht nur praktisches Schwimmen abverlangt, sondern auch theoretische Kenntnisse über Erste Hilfe und Wissen über wasserwacht-spezifische Kenntnisse. Mittlerweile ist es Abend geworden. Irgendjemand gibt bekannt, daß bei Eintritt der Dunkelheit ein großer Fackelzug starten soll. Es wurde ein Fußweg entlang der Donau ausgesucht. Es kamen dazu knapp 300 Teilnehmer. Freude, Spaß und Stimmung nicht nur bei den Teilnehmern; auch die Veranstalter konnten erste Erfolge verbuchen.

Fackelmarsch

Nachdem die 'wandernden Lichter' im Zeltlager wieder erloschen sind, müssen die Teilnehmer sogleich in die Betten gescheucht werden. Die Stadtverwaltung hat nämlich die Bett- und Lagerruhe zu allgemeinem Entsetzen auf 22 Uhr festgelegt. Natürlich ging das Nachtleben weiter, wenn auch versteckt und sehr leise.

Freitag, der 3. Juni 83

Nach einem geruhsamen Vormittag sitzen ab 15 Uhr die Rettungsschwimmer, das heißt die Teilnehmer am Wettbewerb, an ihren Erste-HilfeAufgaben. Die restlichen Teilnehmer am Zeltlager können sich währenddessen am Lagerleben beziehungsweise an einer Lager-Olympiade erfreuen. Die Aufgaben der Olympiade waren in Wasser- und in Landspiele eingeteilt. So galt es zu Lande einen Eierlauf zu machen, eine eingeschmierte Rutschbahn hinaufzukommen, an der die Schmierseife nur so heruntertropft, und vieles mehr. Im Wasser mußten die Teilnehmer zum Beispiel auf einem Rettungsbrett einen ca. 50 Meter langen Parcours durchfahren.

Tanz und Gaudi

Abends tönen mitreißende Klänge aus dem Festzelt. Dort spielen die sehr bekannten 'Lazy Bones', die wieder Stimmung unter die Jugendlichen bringen. Außerdem werden die Sieger der Olympiade geehrt. Sie bekommen attraktive Preise, wie zum Beispiel einen Zinnteller, einen Geldpreis und eine Urkunde.

Samstag, der 4. Juni 83

Heute fällt die Entscheidung unter den Wettbewerbsteilnehmern. Ganze Horden von Schlachtenbummlern haben sich in der 'tropisch anmutenden' Schwimmhalle angesammelt. Sie versuchen ihre Schreie und Zurufe so laut wie nur möglich zu gestalten. Kurz vor der Veranstaltung ist die Hydraulik des Schwimmbaddaches kaputt gegangen, so daß das Dach der Halle nicht angehoben werden kann. Kurzfristig konnte dieser Schaden leider nicht behoben werden. Jede startende Gruppe muß ihr Äußerstes an Kraft und Wissen über Technik geben, um unter den Erstplazierten zu sein. Da geht es neben Kraulen, Brust- und Rückenschwimmen auch um Rettungs- bzw. Kleiderschwimmen. Die meiste Zeit wird in der Staffel gestartet. Rundfunk, Fernsehen und eine Videofirma - die von der Veranstaltung ein Videoband erstellen wird - sind ständig mit vor Ort. Sie beschäftigen sich damit, immer irgendwie und irgendwo im Weg herum zu stehen. Beliebtester Film- und Fotopunkt war die Sicht vom 3-Meter-Brett des Sprungturmes. Manch einer war vielleicht enttäuscht, daß kein einziger Filtrier mit seiner schönen Kamera ein Bad zum Abkühlen genommen hat.

1.200 Teilnehmer

Es sind übrigens mittlerweile weit über 1.200 Teilnehmer am Zeltlager anwesend. Es wird ihnen ja auch vom Veranstalter, dem Bezirksverband Niederbayern-Oberpfalz einiges geboten. An dem Informationszelt erhält jeder Interessierte Auskunft über Essund Trinkmöglichkeiten in der Stadt, wo man mit einem kleinen und auch mit einem großen Geldbeutel hingehen kann, wo man ein Open-AirEssen einnehmen kann, welche Sehenswürdigkeiten zu bestaunen sind, welche Ausflugsziele in der näheren Umgebung zu finden sind, und noch vieles mehr. Jeder, der möchte, bekommt außerdem eine Informations-Mappe mit Prospekten, Anzeigen und einem Stadtplan.

Button als Eintrittskarte

Zum äußeren Zeichen der Gemeinschaft und zugleich als Teilnehmerausweis gibt es einen Button. Aber auch bedruckte T-Shirts, Krüge und andere Angebote entlocken manchen Teilnehmern ein paar Mark. Sehr gut kommt der Fahrdienst an, der interessierte Jugendliche in die Innenstadt fährt, bzw. auch von dort abholt, wenn sie nicht mehr zurückfinden. An einem Briefmarken-Sonderstand konnten Briefmarkensammler einen Briefumschlag mit Sonderdruck und Sonderstempel erhalten. Bereits um 15 Uhr können die Sieger des Wettkampfes vom Vortage und vom heutigen Vormittag geehrt werden. Dazu spielt im Festzelt Blasmusik, die auf die Jugendlichen mehr störend als ausmalend wirkt.

Bayern vorne dabei

Die für Bayern startende Mädchengruppe konnte beim Wettbewerb den ersten Platz für sich verbuchen. Die Preisverleihung und die Bekanntgabe der Gewinne wurde vom Vorsitzenden des Roten Kreuzes, Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein Hohenstein durchgeführt. Er hielt zuvor eine kurze Ansprache, die den Beifall und die Zustimmung der Jugendlichen fand.

Feiern bis in die Nacht

Ab 19 Uhr lief dann der Festzeltbetrieb auf vollen Touren. Es spielte die 'Big Band des Heeresmusikkorps 4'. Bis spät in die Nacht wurde ausgelassen gefeiert.

Sonntag, der 5. Juni 83

Venn auch viele Leute nur sehr schwerlich aus dem Bett oder von der Luftmatraze kommen, lockt sie doch ein Feldgottesdienst mit einer Musikgruppe aus Regensburg aus den 'Federn'. Erstaunlicherweise sind alle Teilnehmer dabei, obwohl die Veranstaltung - wie alle anderen freiwillig ist. Während des recht feuchtfröhlichen Frühschoppens spielte nochmals eine Kapelle, bis die Teilnehmer des Zeltlagers ab ca. 13 Uhr an die Heimreise denken. Natürlich war nicht alles nur Friede, Freude, Sonnenschein. Da gab es zum Beispiel ein paar Jugendliche, die meinten, betrunken scheine die Welt schöner auszusehen. Auch gab es einige Nachbarn, die meinten, ab 22 Uhr muß alles still sein. Zum Glück hatten die Veranstalter hier guten Kontakt zur örtlichen Polizei, die Verständnis für die Jugendlichen hatte; die auch nichts dagegen hat, wem nach 22 Uhr noch mal 'High-Life' war. Alles in allem kann man aber dieser Zusammenkunft vor Wasserwachtlern und Jugendrotkreuzlern aus der ganzen Bundesrepublik als ein gelungenes Wochenende und eine gelungene Veranstaltung ein positives Echo nachsagen, was auch in Presse, Rundfunk und Fernsehen zum Ausdruck kam.

Prinz Wittgenstein (2 v.l.) bei der Siegerehrung
Sport und Spiel