Spiele oder Wettbewerbe?

Ein Höhepunkt im Jahresablauf einer Jugendrotkreuz-Gruppe ist mit Sicherheit der JRK-Wettbewerb, wo man sich mit anderen Gruppen trifft, um die Leistungskraft und die Fähigkeiten zu vergleichen.

Georg Soller
3/1980

Nur hatte die Sache bislang einen Haken: Vor lauter Konzentration auf den Wettbewerb nahmen die meisten Jugendrotkreuzler die mitstreitenden Gruppen gar nicht mehr wahr. Um einen Ausweg aus dieser Ungereimtheit zu finden, beschloß der Landesausschuß, im Bezirksverband Schwaben einen Modellversuch zu starten, „baff" besuchte am 18. Mai den Kreisverband Dillingen, wo die neuen „Wettspiele" stattfanden, und - um sich einen direkten Vergleich zu schaffen - die „Wettbewerbe" am 11. Mai in Bogen. Die Ausarbeitung der Einzelheiten für die neue Begegnungsform war dem Bezirksausschuß Schwaben ganz allein überlassen. Und die wichtigste Entscheidung, die dort gefällt wurde, wird voraussichtlich bahnbrechende Kraft haben; es kämpfen nach diesen Regeln nicht mehr die „Elitetruppen" der JRK-Ortsgruppen gegeneinander, sondern die verschiedenen Teams werden kurz vor Spielbeginn aus allen Teilnehmern der verschiedenen Orte zusammengewürfelt. Damit wird die „Heranzüchtung von Spezialisten" vermieden und im gleichen Zuge die Verständigung zwischen den einzelnen Ortsgruppen angekurbelt.
Und die Realität übertraf diese Erwartungen bei weitem. Konnte der Autor in Bogen noch beobachten, wie die einzelnen Gruppen das „Gegeneinander", das „Siegen müssen" in den Vordergrund geschoben hatten, wie sie leicht im Stress die Aufgaben lösten und selbst bei sportlichen Aufgaben außerhalb der Wertung noch mit vollem Ernst bei der Sache waren, so waren die Eindrücke in Dillingen ganz andere. Es war sicherlich nicht nur die gemütliche Natur der Schwaben, daß die Teams Witze rissen, bei einer Aufgabenstellung sogar die Schiedsrichterin „traatzten" und bei den Übungen und Fragen trotzdem gute Leistungen erzielten. Von Stress also keine Spur. Natürlich war dem Gremium in Schwaben, das die Einzelheiten ausarbeitete, ein wenig vorgegeben, was in dem Aufgabenkatalog enthalten sein mußte; denn sollte der Bezirkssieger, der ja im Landeswettbewerb auf die alte Form stoßen wird, dort eine Chance haben, so mußten die Wettspiele dem Wettbewerb inhaltlich angeglichen sein. So ähnlich sich also die Aufgabenstellungen im Allgemeinen waren, so ganz verschieden verlief die Aufarbeitung durch die Teilnehmer. In Bogen wurden die für die Wertung wichtigen Prüfungen alle im Rot-Kreuz-Haus gelöst. Die praktische Erste-Hilfe Aufgabe war im Keller zu lösen, die theoretischen Fragen wurden wie in der Schule mit einem Fragebogen abgehandelt und der musische Teil fand im Saal statt. Nur der außerhalb der Wertung laufende Geschicklichkeits-Parcours ging auf dem Pilgerweg zum Bogenberg. Ganz anders in Dillingen. Obwohl heftige Regenschauer am Morgen es beinahe geschafft hätten, die Veranstaltung im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fallen zu lassen, fanden die gesamten Wettspiele im Freien statt. Die Regennässe war von der Sonne schnell getrocknet worden. Es gab auch keinerlei außerhalb der Wertung laufende Anforderungen. Theoretische und praktische Rotkreuz-Aufgaben waren im bunten Durcheinander mit Geschicklichkeitsspielen, Fragen über politische Bildung und Verkehrserziehung sowie Fahrt und Lager etc. auf dem Parcours durch den Donauwald verstreut. Zwischen den einzelnen Stationen lagen ein paar Minuten Wanderung, die zum Ausruhen und zum Kennenlernen benutzt wurden. Es scheint also, als hätte der Neuling Dillingen (in dessen Geschichte die Spiele die erste große Veranstaltung sind) dem „alten Hasen" Bogen den Rang abgelaufen. Es muß aber zur Ehrenrettung von Hans Hofmann, dem Leiter der Jugendarbeit im Kreisverband Straubing-Bogen, gesagt werden, daß der Wettbewerb, einmal nicht in Konkurrenz zu den neuen „Wettspielen" gesehen, glänzend vorbereitet war und auch in einer harmonischen Stimmung abgelaufen ist. Es war auch der Drang Hofmanns, den doch recht trockenen Ablauf des Wettbewerbs am Schluß durch den Parcours auf den Bogenberg aufzulockern. Als Preise dieses außerhalb der Wertung stattfindenen Geschicklichkeitstest hatte man die neuen Jungendrotkreuz-Tshirts und Süßigkeiten ausgesetzt. Die Aufgaben waren allerdings vielfältig: Die Jugendrotkreuzler mußten Bäume erkennen, eine Karte einnorden, Verkehrszeichen, Flaggen und geschützte Pflanzen erkennen sowie einige Hürden ä la „Spiel ohne Grenzen" überwinden. Eine Annäherung an die Wettspiele ist unverkennbar; schon allein daraus wird deutlich, daß man die alte Form der Wettbewerbe nicht ganz ausreichend empfindet. Auch in Dillingen hatte man keinerlei Schwierigkeiten mit dem Verlauf der Spiele. Der vom Leiter der Grupperiarbeit, Karl Steiner zusammen mit dem Kreisausschuß erarbeitete Organisationsplan funktionierte reibungslos. Allerdings hatte man den Jugendlichen mehr Platz für sich allein gelassen. Nach dem Mittagessen (Würstchen vom Grill) hatten sie lange Zeit, die sie zum Fußballspielen oder zum „schwätzen" benutzten. Außerdem studierten sie in Eigenregie noch einmal mit der neuen Gruppe die Lieder ein, die sie zum musischen Wettbewerb vortragen mußten. Hinter all dem stand eine bewunderswerte Zwanglosigkeit. Bemerkenswert für Dillingen ist auch die Teilnahme der Wasserwacht. Ihr wurde durch einen Fragenkomplex „Wasserrettung" Rechnung getragen. Im übrigen waren dieWasserwachtler ja mit in den Gruppen der Jugendrotkreuzler dabei, und mit viel Spaß bei der Sache.

Spiele oder Wettbewerb, diese Frage wurde am Anfang gestellt. Vieles spricht für die neue Form, aber oft hat man in der Freude über das Neue die Vorteile des Alten übersehen, „baff" möchte Euch nun zur Diskussion einladen. Schreibt uns mal: Adresse: Bayerisches Jugendrotkreuz, Kennwort: Spiele oder Wettbewerb Holbeinstraße 11c 8000 München 86 Unter den Einsendungen werden Bücher und JRK-Puzzles verlost.