Alkohol und Jugendrotkreuz?

„Da saufen s' und rauchen s' und plärren recht laut — wenn's bei Euch im Roten Kreuz immer so zugeht, ja Mahlzeit!"

Georg Soller
4/1982

Eine Szene aus einem Rollenspiel beim letzten Seminar „Öffentlichkeitsarbeit" in Hohenfels. Eine Gruppe junger Leute mit JRK-Kapuzenpullover oder JRK-Abzeichen am Hemd spielte in einer Wirtsstube lautstark Karten. Ein Beispiel für negative Öffentlichkeitsarbeit!
Aber wie soll es anders sein. In der Gruppenstunde tragen viele ihre JRK-Kleidung, nach der Gruppenstunde setzt man sich noch zum Ratschen in irgendeiner Kneipe zusammen. Trinken muß man etwas, Bier ist das billigste Getränk, das Geld ist knapp, also wird Bier getrunken. Das Bild, das in der Öffentlichkeit zurückbleibt, ist im schlimmsten Fall: „Die saufen doch nur, da kann ich mein Kind nicht hinschicken!" Die Konsequenz vieler Eltern hat durchaus ihre Richtigkeit. In der bayerischen Repräsentativ-Umfrage „Jugend fragt Jugend" wurde herausgefunden, daß über die Hälfte aller Jugendlichen beim Zusammensein mit Freunden regelmäßig Alkohol trinken, Gesellschaftstrinken nennt man das. Als Spitzenreiter im Gesellschaftstrinken gelten gemeinhin z.B. Schützenvereine, wo unter dem Deckmantel der Traditionspflege meist nur gesoffen wird. Davon ist das Jugendrotkreuz weit entfernt, der vernünftige Umgang mit Alkohol wird aber vielfach auch nicht praktiziert. Beispiel: Der heurige Landeswettbewerb. Einige Betreuer pochten auf ihr Recht als junge Erwachsene und tranken mitgebrachte Alkoholika. Ein positives Beispiel gab der Organisationsstab: Die Damen und Herren tranken öffentlich nur alkoholfrei! Was den Wirten recht ist, sollte uns nur billig sein: Wenn im Gruppenraum Getränke angeboten werden sollten die Leute darauf achten, daß Alkoholfreies wesentlich billiger als zum Beispiel Bier ist. Aber auf
diesen Trick sind ohnehin schon die meisten gekommen. Ein besonderes Problem stellt in unseren Augen der Bereich Fahrten, Zeltlager und Lehrgänge dar. Hier gilt es bei den meisten als besonders schick. Hochprozentiges mitzubringen und auf dem Zimmer/im Zelt zu trinken. Verbote rufen meist eine gegenteilige Wirkung hervor. Hier wirkt auch das Beispiel: Die Älteren Teilnehmer trinken wie gewohnt, die Jüngeren werden „mitgerissen", weil sie auch „in" sein wollen. Unsere Aufgabe ist es, positive Beispiele zu bringen. Es gibt tolle Bücher über alkoholfreie Mixgetränke, eine „Alternativparty" läßt sich da leicht organisieren. Vielleicht kommt dann auch irgendwann einmal die Stimmung auf: „Alkoholfrei ist chic".

Kein Limo auf dem Oktoberfest

Es bleibt dabei: In den Wies'n-Bierzelten darf kein Limo ausgeschenkt werden. Der Wirtschaftsausschuß lehnte einen Antrag des Jugendwohlfahrtsausschusses ab. Überraschenderweise mit den Stimmen von SPD und FDP, die bei Abstimmungen in anderen Gremien eindeutig für die „Kracherl"-Ausgabe in den Zelten gewesen sind und dies in der Öffentlichkeit vehement vertreten hatten. Aus: tz, München

 

Anders in Erding Eine in Bayern wohl einzigartige Regelung wurde in Erding getroffen: Beim dortigen Herbstfestwerden heuer im Bierzelt erstmals auch nichtalkoholische Getränke ausgeschenkt. Und - was geradezu sensationell ist: Die Getränke sind erheblich billiger als Bier. Während für die Maß 4,70 Mark zu berappen sind, kosten Limonaden, Mineralwasser und Cola-Getränke einheitlich 1,50 DM der halbe Liter ohne Bedienung. Es wird nämlich ein eigener, übersichtlicher LimoStand aufgebaut. Der Anstoß dazu war eine Forderung der Stadträte, im Bierzelt einen speziell gekennzeichneten Stand für nichtalkoholische Getränke aufzustellen. Der Volksfestausschuß, der bereits Anfang Juni getagt hatte, hatte den Bierpreis auf 4,50 DM festgelegt. Allerdings wurde der Bürgermeister beauftragt, mit dem Festwirt zu verhandeln und dabei zu signalisieren, daß die Stadt bereit wäre, einen höheren Bierpreis zu akzeptieren, wenn im Sortiment deutlich nachgewiesen wird, daß nichtalkoholische Getränke um mindestens 30 Pfennige billiger sind als Bier. Die Antwort des Festwirts kam postwendend: Er bot an, im Bierzelt einen übersichtlichen LimoStand aufzubauen mit einer großen, gut leserlichen Preistafel. Für alle Getränke verlangt er einheitlich 1,50 DM. Eine Aktion, die Schule machen sollte. Winfried Walter