JRK-Bundeskongreß

Im Haus des Jugendrotkreuzes in Bad Münstereifel fand vom 21. bis einschließlich 24. Februar 1985 der 1. JRK-Bundeskongreß statt.

Christian Haas
Haas
2/1985

Unter dem Zentralthema "Wir - das Jugendrotkreuz" konnten sich die ca. 75 Teilnehmer für eine der fünf Arbeitsgruppen: Profil, Verflechtung, Zukunft, Institution oder Struktur entscheiden. Große Mühe hatten sich die Organisatoren aus dem DRK-Generalsekretariat gegeben, wurde doch den Teilnehmern 'fast jeder Wunsch' von den Augen abgelesen. Zur Begrüßung frische Obstgetränke, ständig Kaffee, Tee und kleine Naschereien, einzigartiges Essen (am Donnerstag großes Büffet) und ein gemütliches Haus, in dem ein Hauch von der so oft zitierten 'Atmosphäre' zu spüren war. Nach dem "check-in" am Donnerstag, d.h. nach der Anmeldung, Zimmerverteüung, Namensschilder-Ausgabe usw. wurde die Veranstaltung vom Bundesausschuß-Vorsitzenden Jürgen Claßen eröffnet. Darauf folgte ein Kabarett von Walter Wiberny und Klaus Agarius.

Andrang an der Materialbörse

Eine riesen 'Fresserei' am Kalten Büffet schloß den Tag ab. Freitags ging es in die Arbeitsgruppen, nachdem die Expertenbefragung am vormittag vollkommen ins Wasser fiel. Es wurden mehr itreitgespräche geführt als die Experten befragt. Abends gab es eine Dia-Serie mit dem Titel "Impressionen aus der Studie Jugend '83". Zukunftsvorstellungen von Jugendlichen - mehr oder weniger repräsentativ - gaben einige Denkanstöße für die jeweiligen Arbeitsgruppen mit auf den Weg. An der Materialbörse konnten Materialien der Landesverbände kennengelernt und oft auch erworben werden. Samstags ging es wieder in die Arbeitsgruppen, die sich abends zur Podiumsdiskussion trafen. Unter der Frage "Soll sich das JRK verändern" wurden die Ergebnisse der fünf Arbeitsgruppen vorgestellt. Eine futuristische Fete "Traumschiff JRK" ging beinahe baden, da nur noch wenige JRK'ler Lust und Kraft hatten, sich zu verkleiden. Sie waren alle ausgelaugt, ausgezehrt und kaputt. These 1: Jugendrotkreuz-Arbeit ist isoliert. Sie macht die Augen zu! These 2: JRK-Arbeit soll integrativ angelegt sein, um sich nicht zu isolieren. Integrativ heißt vom eigenen Verbandsleben etwas abgeben und aus anderen Lebensfeldern etwas aufnehmen. Das soll geschehen: - auf der Ebene der praktischen Zusammenarbeit mit dem eigenen / mit anderen Verbänden und Initiativen - Zusammenarbeit mit unorganisierten Jugendlichen - Zusammenarbeit mit fachkompetenten Personen Isolation kann heißen, daß bestehende Verflechtungen nicht genutzt werden.
Am Sonntag ging es für alle wieder nach Hause. Die Ergebnisse sind 'so kurz wie möglich' nachstehend zusammengefaßt.

AG Verflechtung

These 1: Jugendrotkreuz-Arbeit ist isoliert. Sie macht die Augen zu! These 2: JRK-Arbeit soll integrativ angelegt sein, um sich nicht zu isolieren. Integrativ heißt vom eigenen Verbandsleben etwas abgeben und aus anderen Lebensfeldern etwas aufnehmen. Das soll geschehen: - auf der Ebene der praktischen Zusammenarbeit mit dem eigenen / mit anderen Verbänden und Initiativen - Zusammenarbeit mit unorganisierten Jugendlichen - Zusammenarbeit mit fachkompetenten Personen. Isolation kann heißen, daß bestehende Verflechtungen nicht genutzt werden. These 3: Die Öffnung soll den Lebensrealitäten von Jugendlichen Rechnung tragen, indem man ihre Lage besser berücksichtigt und dadurch die Qualität der JRK-Arbeit verbessert wird. Es kann sein, daß das JRK dabei kurzfristig Mitglieder verliert, aber durch die Qualitätssteigerung der Arbeit mehr Jugendliche für das JRK gewinnt. - Das JRK ist der Teil im Gesamtverband, der sich breit anlegt mit der Rotkreuz-Idee beschäftigt Leitmotiv unseres Handelns muß die Menschlichkeit sein, und nicht die Neutralität.

AG Struktur

Die AG Struktur stellt fest, daß die Ergebnisse des Bundestreffens 1971 auf der Wevelsburg bis hin zu den Landesverbandsebenen mehr oder weniger gut eingelöst sind, indem die Bundesordnung 1974 und die Landesverbandsordnungen in den gleichen Zeiträumen geändert wurden. Nicht eingelöst wurde das Ergebnis, einen Bundesdelegiertentag einzuberufen, der auf breiter Basis demokratische Entscheidungsprozesse zuläßt. These 1: Die Forderung von 1971 muß eingelöst werden. Die Selbstverantwortlichkeit des JRK auf Bundesebene muß gestärkt werden. Der Bundesdelegiertentag sollte sich aus Vertretern aller JRK-Ebenen zusammensetzen. These 2: Die JRK-Bundesordnung muß in diesem Sinne verändert werden. Folgende Mindestanforderungen müssen eingehalten werden: - Das JRK ist ein selbstverantwortlicher Jugendverband, nicht aber autonom. - Die Finanzierung der JRK-Arbeit ist durch die Bereitstellung eines angemessenen Etats zu garantieren. - Die Formen der JRK-Arbeit sollen möglichst offen gestaltet sein und eine Vielfalt von Alternativen zulassen. These 3: Die formellen Strukturen des JRK lassen grundsätzlich bedürfnis- und aufgabenorientierte 3ugendarbeit zu, die bestehenden Strukturen werden zur Zeit nicht ausreichend genutzt. These 4: Es erscheint uns sinnvoll, entsprechende Freiräume im Erwachsenenverband einzuräumen, um über eine stärkere persönliche Auseinandersetzung mit Rotkreuz-Zielen, Aufgaben und Wertvorstellungen die Verbands-Identität insgesamt zu bereichern. These 5: Die bestehenden Altersstrukturen im JRK müssen weiter differenziert werden, um unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht zu werden. These 6: Um die Ehrenamtlichen im JRK von "Verwaltungstätigkeiten" zu entlasten, ist es in Zukunft anzustreben, ab der Kreisebene hauptamtliche Kräfte für die JRK-Arbeit einzustellen.
These 7: Die Struktur von Bildungsveranstaltungen soll so angelegt sein, daß folgende Grundfunktionen erfüllt werden: - Bedürfnis- und aufgabenorientierte Bildungsangebote, die an den Bewußtseinslagen der Teilnehmer ansetzen - Raum und Gelegenheit zum informellen Beisammensein geben - Möglichkeiten zur Beratung in verbandlichen und persönlichen Problemlagen bieten These 8: Die gegenwärtig tendenziell feststellbare konsumorientierte und unkritische Haltung von 3ugendlichen muß durch die Erweiterung der Begegnungsformen und inhaltliche Alternativen aufgefangen werden. These 9: Der Erfolg der JRK-Arbeit zeigt sich nicht in dem quantitativen Ansteigen der Mitgliederzahlen, sondern in der qualitativen Ausgestaltung der Ziele und Aufgaben.
 

AG Profil

These 1: Das Profil des JRK wird maßgeblich durch die Funktionäre bestimmt.
Das JRK erlebt dies durch: - Zu träge, über alternative Möglichkeiten der Arbeit nachzudenken. - Unpersönlich gegenüber sich selbst und anderen - Abgehobenheit von der Basis, Verselbständigung, fehlende Rückkopplung zur Basis - Eigenprofilierung aus Eigennutzen. Darum fordern wir von unseren Funktionären: - Basisnähe - Glaubwürdigkeit - Echtheit - Konflikt-bereite Partner - Demokratisches Verhalten.
Funktionäre sollen nicht primär Verbandsvertreter, sondern Interessenvertreter unserer Jugendlichen sein. Die Ziele der JRK-Arbeit müssen mit aktuellen Inhalten gefüllt werden, Probleme sollen diskutiert werden. Von Bundes- und Landesebene fordern wir fachliche und kontinuierliche Unterstützung der Basisarbeit. Das JRK gewinnt an Profil über konkrete Aktionen vor Ort. These 2: Das Profil ist gleich Image des Jugendrotkreuzes in der Öffentlichkeit. - Das JRK ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt - Als Anhängsel des Gesamtverbandes wird zu wenig die bunte Vielfalt des Jugendverbandes JRK transparent.
 

AG Institution

Die Pädagogik der JRK-Schularbeit stammt aus den 50er und 60er Jahren. Nur noch in wenigen Landesverbänden werden Teile der JRK-Schularbeit durchgeführt. Die Arbeitsgruppe kommt zu dem Ergebnis, daß die JRK-Schularbeit sich an die veränderten Verhältnisse der Schule und an unsere veränderten Vorstellungen von Jugendarbeit anpassen muß.
Aufgabenfelder können sein: 1. Mitwirkung und Gestaltung von Projektwochen und Aktionen der Schule 2. Jugendarbeit mit Schülern 3. Erstellen von Unterrichtsmaterialien für bestimmte Schulstufen zu Rotkreuzspezifischen Themen wie Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle, Gesundheitserziehung sowie Erste-Hilfe-Themen und Unfallverhütung. Voraussetzung für die Erstellung und Effektivität der zu erstellenden Materialien ist: - Empfehlung durch die Kultusministerkonferenz - Aufforderung der Landesverbandspräsidenten, sich mit den Kultusministern in Verbindung zu setzen, um Fördererlasse zu erwirken - Aufnahme der Materialien in die Listen für genehmigte Unterrichtsmaterialien - Motivation der Lehrer durch Seminare innerhalb der Lehrerfortbildung. Die Jugendrotkreuz-Schularbeit ist nicht das zweite Bein, sondern eine der Aufgaben des Jugendrotkreuzes.

AG Zukunft

Untergruppe Öffentlichkeitsarbeit: Folgende Forderungen wurden an das Generalsekretariat und die Landesverbände festgestellt: - Jahresthemen müssen langfristig geplant werden. Vorbereitungsmaterial muß früher verschickt werden. - Veröffentlichungen sollten unter dem Titel 'JRK - Selbstverantwortlicher Jugendverband' laufen - Ein neues bundeseinheitliches Emblem soll geschaffen werden Geldverschwendung durch unnütze Werbung soll unterbleiben - Durchführung eines Open-Air-Festivals In der Zukunft soll: - Presse genutzt werden - Arbeit im kommunalen Bereich durch Stellungnahme zu jugend- und umweltpolitischen Themen laufen - Patenschaften übernommen werden Wir fordern auch Öffentlichkeitsarbeit nach innen: - durch eigene JRK-Briefbögen - umfassende, gegenseitige Info's
- Kontakte zu anderen Jugendverbänden Untergruppe Basisdemokratie: "Soviel Demokratie wie möglich, soviel Beschränkungen wie nötig!" Forderungen an Gruppenebene: - Gruppe wählt jährlich den Gruppenleiter - Möglichkeit zur jederzeitigen Abwahl - Im Rahmen der Möglichkeiten bestimmt die Gruppe über ihre Aktivitäten Forderungen an Ortsebene: - Jährliche Versammlungen mit: Rechenschaftsberichten, Wahlen, ständige Möglichkeit der Abwahl, Aufgabenplanung und Beschlußfassung über verfügbare Haushaltsmittel Forderungen an Kreis-/Bezirks-/Landesebene: Willensbildung auf Delegiertenversammlung - Delegierte werden von ihren Wählern bezüglich ihrer Arbeit kontrolliert - Delegierte kontrollieren alle Ebenen - Abwahl ist jederzeit möglich

Hunger, Rauch, Filzstifte und Kaffee - das Kennzeichen einer AG
In den Sitzecken fanden heiße Diskussionen statt
Die Sporthalle als Zentrum des Wissensaustausches