Eine Stadtralley

Es gibt da so eine Geschichte im Münchner Jugendrotkreuz. Eine Gruppenleiterin ist nach den Gruppenstunden oftmals mit einem aus ihrer Gruppe nach Hause gegangen.

Georg Soller
Soller
3/1984

Der gemeinsame Heimweg führte jedesmal an einem berühmten Hotel vorbei. Eines Tages vereinbarten die beiden einen Treffpunkt. Die Gruppenleiterin schlug jenes Hotel vor, doch der Junge hakte nach: "Wo ist denn das?" "Die laufen doch wie blinde Hühner durch die Stadt", schimpft sie selbst heute noch, wie sie mir die Geschichte erzählt.

Heimatkunde - spielerisch

Gudrun Messerer ist diese Gruppenleiterin, und durch dieses Erlebnis kam sie auf eine Idee: Die sollen doch einfach mal spielerisch ihre eigene Stadt kennenlernen. Die, das sind die Münchner Jugendrotkreuzler, und damit's noch mehr Gaudi gibt, wurden die Gruppen aus ganz Oberbayern gleich mit eingeladen. Seit Anfang des Jahres tüftelte die Gudrun mit ein paar Heifern die Route aus, suchte nach lustigen Spielen, durchdachte die Organisation und natürlich die "Heimatkunde". Zahlreicher Anrufe beim Münchner Fremdenverkehrsamt, beim Verkehrsverbund (MW) und beim Kreisverband bedurfte es, bis alles "stand". Und dann war der 14. April auch schon da.

Zwischendurch mal ein Eis

Viel hat die Gudrun bis dahin aliein gemacht. Ich frage vorsichtig nach, was sie denn von Team-Arbeit halte. "Ach, hör mir doch damit auf" entgegnet sie, "man kann sich auf so viele Leute einfach nicht verlassen. Schau: Da sollte einer ein Fahrrad für ein Spiel besorgen. Jetzt rat' mal, was bei der Rallye nicht da war: Das Fahrrad!" Aber auch diesen Patzer haben "Gudrun & Co", wie es auf allen Plakaten, Fragebögen und Streckenbeschreibungen hieß, schnell improvisiert. Und was solls: Bei einem so schönen Tag, wie es dieser Samstag war, da mußte die Rallye einfach ein Erfolg werden. Wobei
die Sonne natürlich auch einigen, "ganz-auf-Sieg" versessenen Leuten zu schaffen machte. Vier bis fünf Stunden war jede Gruppe unterwegs, und wer sich's da zwischendurch nicht mal bequem machte oder ein Eis schleckte, der kam ganz schön ins Schwitzen. Und als die Gruppen am Spätnachmittag wieder in das Kreisverbandsgebäude zurückkehrten, "hatten alle eine gesunde Farbe", wie die Gudrun lächelnd feststellte.

Die Antworten lagen auf dem Weg

Aber drehen wir die Zeit um knapp zehn Stunden zurück. Nach und nach trudelten die Gruppen am Vormittag im Kreisverband ein. 27 ViererMannschaften starteten. Beim Start bekam jede Mannschaft einen Stadtplan, eine Wegbeschreibung und einen Fragebogen bis zur nächsten Station mit. Die Antworten auf die Fragen lagen zum Teil sprichwörtlich "auf dem Weg". Zum Beispiel: "Welches Bierhaus befindet sich am Platzl?" oder "Welche drei Bauwerke umschließen den Königsplatz?" Andere Fragen, nach dem Gründer des Roten Kreuzes, dem Briefporto nach Frankreich oder Scherzfragen konnten ebenso leicht gelöst werden. An den Stationen mußten die Gruppen den (beantworteten) Fragebogen abgeben und wurden einer Spiele- oder Erste-Hilfe-Aufgabe unterzogen. Einer Gruppenaufgabe, versteht sich. Die Stationen waren an markanten Stellen in der Innenstadt aufgebaut. Dies
hatte den (Neben-) Effekt, daß auch Passanten auf die Jugendrotkreuz-Aktion aufmerksam wurden. Die Station auf dem Königsplatz etwa sie war gleichzeitig ein gutfunktionierendes "Auskunftsbüro". Hilfreich war auch eine Gruppe. Weil ein amerikanisches Touristenpaar mit seinem deutsch-sprachigen Stadtplan nicht zurechtkam, tauschte ihn das JRK-Team gegen den eigenen englischsprachigen. Das Fremdenverkehrsamt hatte dem Jugendrotkreuz nämlich versehentlich einen Teil dieser Ausgabe geschickt.

Wachsmodell mit dem Münchner Wappen

Am Abend erwartete die Teilnehmer nach einem Essen eine Disco mit Preisverteilung. Schöne Preise gab es. Da waren selbstgemachte
Wachsmodeln mit dem Münchner Wappen, Pokale und Gläser mit Gravuren. Gudrun Messerer dankte dann noch allen Helfern, die neben dem JRK auch von der DLRG kamen. Und ein schönes Programm gab es auch. Breakdance etwa, und Besuch aus Österreich. So bekam diese Veranstaltung gleich noch einen Internationalen Touch. Ich habe die Gudrun gefragt, ob sie nochmal so eine Veranstaltung machen wolle; als sie bejahte, fragte ich, was sie anders machen würde. Sie erzählte, daß sie ursprünglich gemischte Teams starten lassen wollte. Doch bei der Vorbesprechung widersetzten sich die Gruppenleiter diesem Plan. Als dann später einige Gruppen der exakten Teilnehmerzahl wegen doch gemischt werden mußten, wurde die Gudrun im Nachhinein bestätigt: Auch diese Jugendrotkreuzler konnten prima zusammenarbeiten.