Den Wettbewerb haben wir gar nicht bemerkt

Erste-Hilfe-Turnier in Schwetzingen vom 25. bis 28. Juli 1984

Georg Soller
4/1984

Sie waren gar nicht wiederzuerkennen, die Traunsteiner, als sie vom EH-Turnier in Schwetzingen erzählten. "Gigantisch" sei das einzige Wort, mit dem sie ihren Eindruck zum Ausdruck bringen könnten. Und Leute hätten sie kennengelernt..

Dienstkleidung unerwünscht

Aber der Reihe nach: Sechs Stunden brauchten die Sieger vom Landeswettbewerb, um von Traunstein (Obb.) ins Würtembergische Schwetzingen zu kommen. Der Empfang war herzlich, aber ungewohnt: "Hey, ihr habt ja gar keine Dienstkleidung an" staunten die Leute an der Rezeption, als sich die "Bayern" als solche vorgestellt hatten. Es ging nämlich in den letzten Jahren ein Gerücht um, daß bayerische Jugendrotkreuzler ihre "Dienstzeichen" eintätowiert hätten. Und daß man davon in anderen Landesverbänden wenig hält, stellten die Traunsteiner zwei Minuten später fest, als Jürgen Claßen, der Bundesausschußvorsitzende, und Gernot Mössner vom gastgebenden Landesverband herzlich willkommen hießen - in Jeans und T-Shirt. Dienstkleidung sei unerwünscht, hieß es.

viel Begegnung

So eingestimmt breitete sich bei Vernon & Co schnell jenes internationale Flair aus, das über der ganzen Veranstaltung schwebte. Die Zimmer waren so eingeteilt, daß eine Gruppe in verschiedenen Zimmern verteilt untergebracht wurde - ein erster Hinweis übrigens, wie stark auf den Begegnungscharakter Wert gelegt wurde. Dann gabs Essen, ebenfalls unbürokratisch: Jeder durfte sich solange am Büffet bedienen, bis er satt war.

Milk-Shakes gratis

Daß man bei Essen und Trinken auch ganz gut Kontakt aufnehmen kann, stellten die Traunsteiner in jener Aula fest, die als eine Art Restaurant eingerichtet war. Dort gabs den ganzen Tag Getränke aller Art (Bier teurer als Limo) und Milk-Shakes - letztere gratis. Als der Mane ein paar Stunden wie vom Erdboden verschluckt war, fanden sie ihn schließlich auch dort - mit den Schweden. Die Internationalst der Veranstaltung hatte es in sich: Zwar mußten sich die Traunsteiner mangels Französisch-Kenntnissen mit Händen und Füßen verständigen (z.B. mit den jungen Leuten aus Benin oder aus Oldenburg), doch es machte riesigen Spaß. Und die zur Kontaktaufnahme geradezu prädestinierte Anlage der Veranstaltung vereinte schließlich die Nationen. Schmelztiegel war auch die Disco "Mani's Mist Music": "Im Vergleich zu den Discos auf den Landeswettbewerben oder auf den Landestreffen war diese eine Super-Disco", schrieb Martin Schmid in der Oldenburger JRK-Zeitschrift "Schlagader".

Private Atmosphäre

Vernon, der Gruppenleiter, schilderte seinen Eindruck von einer anderen Einrichtung, dem Hallenbad. Dort hätte er die Leute - auch die Bundesoberen - in einer so privaten Atmosphäre kennengelernt, daß ihm der Umgang mit ihnen später auch sehr leicht fiel. Nicht so einfach war es mit dem Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein, der auf größeren Veranstaltungen des Jugendrotkreuzes immer zu finden ist. Er hatte auf seinen Namens-Button, den jeder selbst ausfüllen durfte, einfach "Botho" geschrieben. Als sich der Präsident einmal auch mit den Traunsteinern unterhielt, tuschelte der Mane im Hintergrund "... und Du glaubst wirklich, daß man 'Du, Botho1 sagen kann?" Er mochte beruhigt sein, man durfte. Unter anderem fand in Schwetzingen auch ein Erste-Hilfe-Wettbewerb (der heißt halt so, unterscheidet sich von anderen JRK-Wettbewerben nicht besonders) statt, aber: "Da war soviel und so gutes Rahmenprogramm, daß wir den Wettbewerb gar nicht so richtig wahrgenommen haben. Da war immer was
los. Na ja, und bei der Siegerehrung gabs dann folglich auch keine Magenflöhe, es war viel zu schön, als daß man nervös geworden wäre", erzählte Vernon. Trotzdem sollte man noch ein paar Worte dazu verlieren. Zunächst einmal, daß die Traunsteiner ihre Zirkusnummer nicht bringen konnten, weil auf dem EH-Turnier "Singen" angesagt war. "Also haben wir halt gesungen, so gut wir konnten" erzählte Vernon, "noch ein bißchen Pantomime dazu und kaum Vorbereitung". Das hat allerdings schon zu einem dritten Platz in der nationalen Wertung gereicht. Die anderen Aufgaben waren - so die Gruppe - leicht und sehr interessant gemacht. Bei den EH-Tests wurden die Leute einzeln gefragt. Als Vernon dies erfuhr, raufte er sich die Haare, hatte sich doch die Gruppe als solche vorbereitet. Der "Sport-Spiel-Freizeit"-Teil fand im Hallenbad statt und war mit "Spiel ohne Grenzen" vergleichbar - auch genauso toll organisiert, wie die Traunsteiner vermerkten.

keine Anwesenheitspflicht

In Schwetzingen herrschte keine Anwesenheitspflicht während der freien Zeit. "Geht ruhig hinaus in die Stadt und erzählt den Leuten, daß ihr vom Jugendrotkreuz kommt" hieß es. An einem Tag wurden dann auch einige Darbietungen vom musischen Wettbewerb auf dem Marktplatz aufgeführt. Leider waren dann soviele Jugendrotkreuzler da, daß für die Schwetzinger kaum Platz blieb. Am Samstag stand auch beim Internationalen EH-Turnier eine Schiffahrt auf dem Programm: Auf dem Neckar nach Heidelberg. Abwechslung bot nicht nur die Landschaft, sondern auch die Wasser- und die Bergwacht mit ihren Vorführungen. In Heidelberg konnten sich die jungen Leute die Stadt anschauen, aber bei den Teilnehmern - zumindest denen aus Traunstein - war die Beweglichkeit etwas eingeschränkt: Ein Muskelkater von "Sport-Spiel-Freizeit" machte sich bemerkbar. Wieder daheim, begannen die Vorbereitungen für die große Abschlußveranstaltung, den "Abend der Nationen". Eine an sich langatmige Veranstaltung mit kolossalem Büffet, die durch die kurzweilige Moderation von Walter Wiberny zu einem rauschenden Fest wurde. Gefeiert wurde wie dies bei rauschenden Festen so üblich - bis weit in die Nacht hinein. Und ein Satz schwirrte bis in die Träume hinein: "Hip, Hep, eins, zwei, drei, ich fühl mich wunderbaa - Hip, Hep, eins, zwei, drei, ich bin im JRK".