JRK Studienfahrt nach Paris

München Hauptbahnhof 9.00 Uhr morgens. Eine Gestalt schleppt eine riesige Reisetasche Richtung Starnberger Bahnhof und erblickt dort zwei Gestalten, mit JRK-Pullovern.

Gabi Reichlmair
3/1986

Kombiniere - 'die wollen auch nach Paris fahren!' Nach einigem Warten und Suchen fand die inzwischen auf fünf abenteuerlustige Leutchen angewachsene Gruppe dann auch unseren Bus, in dem die restlichen Parisfahrer schon sehnsüchtig auf uns warteten und beinahe ohne uns abefahren wären. Noch schnell Gepäck verstauen und endlich gings los. Erstmal Richtung Augsburg, wo nochmals vier Leute einstiegen. Alle wurden recht herzlich begrüßt und jeder bekam einen Aufkleber mit seinem Namen, damit es am Anfang leichter fiel, die Namen der anderen zu lernen. Auf dem Weg zur Grenze zwischen Deutschland und Frankreich fragten wir uns: Ob sie uns wohl drüberlassen? Doch nach knapp 15 Minuten Wartezeit empfing uns das Land des guten Essens, Trinkens und der Freude. Eine ewig lange Fahrt auf der Autobahn, vorbei an Feldern, Wiesen, Ölfeldern, Atomkraftwerken und ab und zu mal einer kleinen Ortschaft erwartete uns. Und plötzlich - wie aus dem Boden gestampft - die Millionenstadt PARIS. Alle Nasen drückten sich an den Scheiben platt wer entdeckt als erster den Eiffelturm? Leider mußten wir uns zunächst mit Schornsteinen, Industrie- und Vorstadtbauten zufriedengeben. Tja - und wo ist nun unser tolles Hotel? Auf zum fröhlichen Suchen! Quer durch die Stadt, Richtung Ostbahnhof und durch die engsten Gäßchen kutschierte uns unser Busfahrer direkt vor das Drei-Sterne-Hotel "Hotel de Familie", dessen Sternenglanz allerdings von außen zu wünschen übrig ließ. Nach einigen Verhandlungen mit einem etwas wiederspenstigen Hotelier bekamen wir die Schlüssel für unsere, meist 3-Bett-Zimmer mit WC/Dusche ausgehändigt. Inzwischen war die Nacht hereingebrochen, aber wir konnten es nicht lassen, unsere nähere Umgebung zu erkunden und noch etwas Eßbares zu finden - wenn's auch für die meisten in einem Mc Donald's war - ja auch die gibts in Paris zur Genüge, leider!

Ansonsten war in unserem Arrondissement nicht viel los. Nach der ersten Nacht in einem durchgelegenen Bett, das auch noch auf eine Seite hing, freute ich mich mit meinen Zimmergenossinen auf ein richtiges französisches Frühstück: Croissants, Baguette, Butter, Marmelade und Milchcafe - mmh! Dann Paris, wir kommen! Stadtrundfahrt mit einer sehr netten Reiseleiterin, einer Deutschen, die in Paris lebt. Unsere Fahrt führte uns vorbei an allen großen Sehenswürdigkeiten der Metropole Frankreichs. An der Seine entlang ging es zum Louvre, den wir natürlich auch von innen sehen mußten, um ein Lächeln von "Mona Lisa" zu erhaschen. Und endlich standen wir vor dem weltberühmten Wahrzeichen der Stadt, dem Eiffelturm. Wahnsinnig viele Menschen verschiedenster Rasse und Herkunft trieben sich auf dem Platz vor dem Eiffelturm herum; die einen als Touristen, die aneren als Schwarzhändler, die einem unbedingt ihren tollen Schmuck andrehen wollten. Den Nachmittag hatten wir zur freien Verfügung. Ein Teil der Gruppe besuchte den "Bauch von Paris", das ehemalige Marktviertel der Stadt, das heute zu einem riesigen Einkaufspalast mit hunderten von Geschäften umge
staltet ist, die bis zu drei Stockwerke unter die Erde gebaut wurden. Abends fuhren wir mit der Metro nach Sacre Coeur. Viele Künstler stellen dort auf der Straße ihre mehr oder weniger guten Werke aus; alles vor der großen Kalksteinbasilika, die einfach unbeschreiblich schön ist. Der nächste Tag sollte uns an die Atlantikküste führen. Nach der erstaunlich reibungslosen und schnellen Reparatur eines zerstochenen Reifens gings mit dem Bus in Richtung Normandie. Die Fahrt durch die Landschaft war wunderschön: enge Sträßchen, Dörfer mit strohgedeckten Häusern, Weiden, Obstplantagen - idyllisch wie im Mittelalter und ein so gewaltiger Kontrast zu der pulsierenden Millionenstadt Paris. Wir besichtigten die Mündung der Seine in den Atlantik und fuhren dann weiter in das kleine, malerische Fischerstädchen Honfleur mit seinen zahlreichen Fachwerkhäusern. Dort aß ich auch die ersten Austern meines Lebens: als die harte Schale endlich geöffnet war, kam eine schleimige Masse zum Vorschein, die nach Sand und Meer schmeckte. Weiter ging's dann zu dem Atlantikurlaubsort Deauville, und an den Strand, doch leider war es zu kalt und stürmisch zum Baden Wieder gut in Paris angekommen wurden wir am vierten Tag unseres Aufenthaltes allein auf die Stadt losgelassen. Paris wurde nach Strich und Faden durchkämmt und mich würde interessieren, wieviele Kilometer wir gelaufen sind. Dazu kommt, daß wir auch noch auf den Eiffelturm hinaufgestiegen sind und nicht } wie normale Menschen, den Lift benutzt haben. Am Abend trafen wir uns alle am Eiffelturm, um gemeinsam eine nächtliche Bootsfahrt auf der Seine zu unternehmen. Nocheinmal konnten wir vom Fluß aus einen Blick auf sämtliche Sehenswürdigkeiten werfen, die alle von riesigen Strahlern beleuchtet wurden. Anschließend ging's dann an diesem letzten Abend mit ein paar Leuten Richtung "Pigalle". Den "Moulin Rouge" wollten wir doch auch gesehen haben, doch die ewig langen Warteschlangen von Touristen, die unbedingt eine Show zum Eintrittspreis von ca 150 DM sehen mußten, fanden bei uns kein Verständnis. Am nächsten Morgen hieß es dann leider endgültig Abschied nehmen von der Stadt, die uns allen, so glaube ich, ans Herz gewachsen ist.