Montenegro hautnah

"Tutti Fratelli - wir alle sind Brüder" - die Richtigkeit dieses vor über hundert Jahren von Henri Dunant geprägten Satzes fand in der letzten August-Woche wieder seine Bestätigung.

JRK Kaufbeuren
4/1987

Auf Einladung des Jugoslawischen Roten Kreuzes in Montenegro reisten acht JRKler aus Kaufbeuren in das Land der "Schwarzen Berge" nahe der albanischen Grenze. Sie wollten nicht nur mehr über Land und Leute, sondern auch über die Arbeitsweisen, Aufgaben und Möglichkeiten des "Cvreni Crest" - so heißt das Rote Kreuz in Jugoslawien - erfahren. Der deutschen Delegation, bestehend aus Andy Huber, Heike Stadler, Franz Jörg, Markus Schwark, Holger Zimmermann, Carsten Becker, Thomas Hofmann und Edgar Hoffmann, wurden die vielfältigen Aufgaben - aber auch die beschränkten Möglichkeiten - des Jugoslawischen Roten Kreuzes vor Augen geführt. Da das Land Montenegro ähnliche Merkmale wie das Allgäu aufweist, nimmt die Bergrettung eine besondere Aufgabe ein. So staunten die deutschen Sanitäter nicht schlecht, als sie eine gut ausgestattete Bergwacht-Station auf der Höhe eines Bergplateaus besichtigten. Rotkreuz-Kreissekretär Milos aus Niksic (die Stadt im Süden Jugoslawiens war Unterkunfts- und Ausgangspunkt) sorgte für die notwendigen Hintergrundinformationen. Das Rote Kreuz in Jugoslawien hat sich wie überall in der Welt dem Dienst am Nächsten verschrieben. Im Gegensatz zum hiesigen Roten Kreuz führt es allerdings keinen Rettungsdienst durch: Die Krankenwagen sind zentral an den dortigen Hospitälern stationiert. Die Sankafahrer werden vom jeweiligen Krankenhaus beschäftigt und vom Staat bezahlt. Auch die Besichtigung eines Spezialkrankenhauses für Erkrankungen der Atemwege und Tumorbehandlung erwies sich als interessant. Die nationale jugoslawische Hilfsorganisation unterhält mehrere Seniorenheime und auch ein Erholungsheim für junge "Aktivisten" (so werden die ehrenamtlichen Helfer in Kroatien genannt). Erwähnenswert ist, daß das montenegrinische Rote Kreuz auch Anti-Alkohol-Wochen und Aufklärungsseminare zum Thema AIDS durchführt. Immer wieder zeigte sich jedoch, daß der Wille allein, gute Hilfe zu leisten, nicht ausreichend ist. So fehlt es oft an Ausrüstungsgegenständen, die in bayerischen Landen zum normalen Standard geworden sind. Stolz präsentierten die Rotkreuzler aus Niksic einige Einsatzfahrzeuge, die sie als Präsent vom Bayerischen Roten Kreuz vor einigen Jahren geschenkt bekamen. Das große Kapital des "Cvreni Crest" sind die ehrenamtlichen großen und kleinen Helfer, die mit oft minimalen Mitteln ihre Aufgaben erfüllen. So verging die Zeit wie im Fluge Am letzten Abend wurde zu Ehren der deutschen Rotkreuzbesucher ein Ab schiedsbankett gegeben. Präsident Slobodan Simovic und sein Stellvertreter Rajko verliehen ihrem Wunsch Ausdruck, den bestehenden guten Kontakt zum Bayerischen Roten Kreuz zu pflegen, zu erhalten und zu erweitern. So ist daran gedacht, 1988 eine Bergwachtabordnung des Jugoslawischen Roten Kreuzes nach Bayern zu entsenden. Übrigens: Nach 21 stündiger Fahrt kamen die JRKler aus dem Allgäu zwar ziemlich müde, aber dennoch wohlbehalten wieder zuhause an.