Ausbildung nein Danke?

Ohne Ausbildung kommt heute keiner mehr weiter.

Roswitha Frankmann
4/1987

Um begehrte Positionen oder auch nur einen normalen Arbeitsplatz zu erhalten, geht schon frühzeitig der Leistungsdruck in der Schule und womöglich schon im Kindergarten los. Vorzeigenoten und Musterzeugnisse sind der Stolz der Eltern, und nach der Zeugnisvergabe stehen die Telefone der Jugendberatung nicht still. Ohne Fleiß kein Preis - ohne Ausbildung kein Job, nach diesem Motto wird gebüffelt, auch wenn der Mitmensch dabei auf der Strecke bleiben mag. Ganz ohne Zweifei ist unsere Wirtschaft und unser politisches System ohne ausgebildete Menschen nicht vorstellbar. Die Anforderungen am Arbeitsplatz und im täglichen Leben setzen ein hohes Maß an Mitdenken und Informiertsein voraus. Neben einer breiten Allgemeinbildung und Fachkompetenz wird heute Lernfähigkeit an sich, das heißt die Fähigkeit und der Willen, seine Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen, groß geschrieben. Ebenso hohe Anforderungen wie im Beruf werden bei jeder verantwortlichen Tätigkeit in einem Jugendverband gestellt. Deswegen bieten alle größeren Jugendverbände verschiedenartige Mitarbeiter-Bildungsmaßnahmen an. Im Programm finden sich Grund- und Aufbauiehrgänge für Gruppenleiter sowie Seminare mit den verschiedensten Themen (Musik, Spiel, Tanz, Theater, Foto, Video, Computer, Zeitung, Öffentlichkeitsarbeit usw.). Auch im JRK gibt es  einumfangreiches Aus- und Fortbiidungsprogramm, und zwar auf allen Ebenen (Kreis-, Bezirks-, Landes-, Bundesebene). Die Grundausbildung für JRK-Führungskräfte (früher nannte sie sich Gruppenieiterlehrgang) übernehmen die Bezirksverbände. Dieser Grundlehrgang wird an drei aufbauenden Wochenenden oder im Block einwöchig gehalten. Er muß von jedem Jugendrotkreuzler, der eine Gruppe leitet, besucht werden. Die Absolvierung dieses Lehrgangs ist also obligatorisch. Warum ist das so? Gerade zu Beginn seiner Tätigkeit steht ein Gruppenleiter relativ hilflos vor der Gruppe. Meistens ist er selbst noch in einer tiefgreifenden Entwicklungsphase und auf der Suche nach seinem
Platz im Leben. Durch die Übernahme einer Gruppe wird er in die Situation gestellt, ihm anvertraute Menschen im Sinne des Roten Kreuzes zu erziehen. Wie kann er das, wenn er weder über das Rote Kreuz Bescheid weiß, noch jemals etwas von Pädagogik gehört hat, seine Rechte und Pflichten nicht kennt und keinerlei praktische Erfahrungen im Leiten hat? Es gibt wirklich Leute, die behaupten, sie brauchten die Lehrgänge im JRK nicht. Lehrgänge seien Zeitverschwendung, weil mit Worten gedrechselt werde, was man in der Praxis erleben müsse. Und wie man eine Gruppe führen soll, ließe man sich nicht vorschreiben, sondern tue es dem eigenen Charakter gemäß. Natürlich darf man von einem Grundlehrgang keine Wunder erwarten, die Schwierigkeiten mit der Gruppe lösen sich nach Absolvierung des Lehrgangs nicht in Wohlgefallen auf. Vieles kann man auch nicht direkt in die Praxis umsetzen. Aber der Grundlehrgang vermittelt das unbedingt nötige Hintergrundwissen über den eigenen Verband und über seine Rechte und Pflichten als Gruppenleiter. Außerdem bekommt man viele neue Ideen  für Gruppenaktivitäten. Nicht zuletzt ist der Erfahrungsaustausch mit Gruppenleitern aus anderen Kreisverbänden wichtig und interessant. Die JRK-Ausbildung für Führungskräfte ist für Gruppenleiter obligatorisch, weil es unverantwortlich ist, so junge und unerfahrene Leiter ohne ein Minimum an Wissens- und Erfahrungsvermittlung auf die Menschheit loszulassen. Jeder Gruppenleiter sollte sich nicht ärgern, daß er diesen Lehrgang "abhaken" muß, sondern froh sein, daß ihm zu seiner Hilfestellung so ein Angebot gemacht wird. Die Ausbildung im JRK für Gruppenleiter und andere Führungskräfte wird demnächst umgestellt. Der bisher übliche Gruppenieiterlehrgang bestand aus drei Wochenendeinheiten. Die neue Grundausbildung für Führungskräfte umfaßt ebenfalls drei Wochenendeinheiten. Neu ist, daß die Inhalte des alten Leitfadens für diesen Lehrgang umstrukturiert und modifiziert wurden. Neu ist ebenfalls, daß die Gruppenleiterausbildung durch eine vierte zusätzliche Wochenendeinheit, deren Inhalte speziell für Leiter von Kindergruppen beziehungsweise für Leiter von Jugendgruppen zugeschnitten sind, abgeschlossen wird. Dieser Lehrgang, der Abschlußlehrgang für Kinder- bzw. Jugendgruppenleiter, soll in der Regel etwa ein halbes Jahr nach der Grundausbildung besucht werden. Die Umstrukturierung wurde vorgenommen, um besser auf die große Altersspanne der Mitglieder eingehen zu können. Und nun an alle Gruppenleiter, die zwar eine Gruppe leiten, aber noch keinen Grundlehrgang besucht haben: Hier ist eine Übersicht über die Abfolge der Themen nach der Umstrukturierung. Urteilt selbst: Lohnt sich der Lehrgang?

Die Themen im Grundlehrgang für JRK-Führungskräfte

Abschnitt a
Erfahrungsaustausch
Die Gruppe
Leitungsstile
Gruppenstunde "Henri Dunant"
Gemeinsames Abendprogramm am Samstag
Didaktische Hilfen, Medien und Methoden
Die Dienste des JRK mit Aufgabenkatalog
Aussprache

Abschnitt b
Der Einsatz von Film und Video in der Gruppe
Der Aufbau des Roten Kreuzes
Karte und Kompaß
Gruppenpädagogik
Rechte und Pflichten 1
Gemeinsame Abendgestaltung
Das Erstellen von Vierteljahresplänen
Aussprache

Abschnitt c
Spiele
Gruppendynamik, praktische Anwendung:
Turmbauspiel oder Dienstwagenspiel
Der Gruppenleiter in kritischen
Situationen
Das Internationale Rote Kreuz
Methoden zur Durchführung des Rotkreuz-
Einführungsseminars
Gemeinsamer Abschlußabend
Der Erziehungsauftrag des JRK
Schlußbesprechung

Abschlußlehrgang für Kindergruppenleiter
Kindgerechte Raumgestaltung
Entwicklungspsychologie
Gesundheitserziehung
Völkerverständigung
Dienst am Nächsten
Rechte und Pflichten II
Spiele in Kindergruppen
Erste Hilfe in Kindergruppen
Elternarbeit
Aufbau einer Gruppenstunde

Abschlußlehrgang für Jugendgruppenleiter
Erfahrungsaustausch
Rhetorik mit praktischen Übungen
Planung von Gruppenfreizeiten
Rechte und Pflichten II
Der Jugendring
Aussprache