Die Geschichte einer jüdischen Firma

Den ersten Preis des Wettbewerbs "Juden in Bamberg - damals und heute" gewann das örtliche Jugendrotkreuz mit einem Beitrag über eine jüdische Fabrikantenfamilie.

N.N.
2/1987

Der Wettbewerb war vom Stadtjugendring Bamberg durchgeführt worden. Als die Ausschreibung des Wettbewerbs im JRK bekanntgegeben wurde, entschloß sich eine Arbeitsgemeinschaft spontan, daran teilzunehmen. Anfangs waren sich die Jugendrotkreuzler noch vollkommen unschlüssig, wie sie an die Aufgabe herangehen sollten. Mit Hilfe der Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Bambergs wählte die Gruppe dann ihr Thema aus. Am Beispiel der Familie Loebl wollte sie den Werdegang einer jüdischen Familie aufzeigen. Hugo Loebl, ein böhmischer Jude, heiratete in Bamberg seine Frau Lina und ließ sich dort nieder. Er gründete zuerst eine Kleiderhandlung, die aber nach kurzer Zeit Bankrott machte. Ein Jahr später eröffnete er mit grösserem wirtschaftlichen Erfolg eine Gemischtwarenhandlung und spezialisierte sich nach und nach auf Elektroartikel. Seine Geschäftsverbindungen reichten schon vor dem ersten Weltkrieg von Paris bis zur Leipziger Messe. Nach seinem Tod vergrößerten die Söhne den Betrieb zu einer Fabrik mit 200 Beschäftigten. Während des Dritten Reichs wurde der ganze Besitz der inzwischen wohlhabenden Familie enteignet. Mit zehn Mark im Reisegepäck floh die jüngste Generation vor den Nazis ins Ausland, die älteren Familienmitglieder, die in Bamberg geblieben waren, wurden im KZ umgebracht. Diese ganze Familien- und Firmengeschichte wurde von der JRK-Arbeitsgemeinschaft in einem Videofilm dargestellt. Da es keiner anderen Gruppe gelungen war, auch den Bezug vom Gestern zum Heute herzustellen - die Jugendrotkreuzler berichteten u.a. über den Neuaufbau einer Fabrik in England - bekam sie vom Stadtjugendring Bamberg den ersten Preis zugesprochen. Die Gruppenmitglieder zu ihrer Arbeit: "Durch die Beschäftigung mit dieser Familie wurde uns die Ungerechtigkeit des Dritten Reichs deutlich und nahegehend vor Augen geführt". Mitte Mai hatten die Gruppenmitglieder dann noch eine interessante Begegnung: Herbert Loebl, der Enkel von Hugo Loebl, besuchte sie in Bamberg. Er sah sich den Video-Film, den die Gruppe produziert hatte, an und war davon so begeistert, daß er ihn gleich seiner Familie in Israel zeigte.