In Japan gibt es JRK-Arbeit für Jugendliche nur, wenn der Schuldirektor mitspielt

An was denken wohl die meisten Leute in Deutschland, wenn sie "Rotes Kreuz" hören? Stimmt - an Sanitäter, Rettungsdienst, Krankentransport.

Monika Ungethüm-Hiebl
4/1988

Doch mit solchen Begriffen verbinden die Leute auf der anderen Seite der Erde, genauer gesagt in Japan, das Rote Kreuz nicht. Dort sind nämlich die staatlichen Feuerwehren für das Rettungswesen zuständig, das Rote Kreuz "rettet" die Menschen nur bei Katastrophen. Aber es gibt noch weitere Unterschiede zwischen den beiden Rotkreuzgesellschaften. Davon konnten sich zwei bayerische Jugendrotkreuzler bei einem Freundschaftstreffen des japanischen Roten Kreuzes überzeugen. Eine der Hauptaktivitäten des Japanischen Roten Kreuzes (JRC) ist Geld beschaffen, dabei ist es sehr erfolgreich. Haupteinnahmequeile sind Mitgliederspenden, die uneingeschränkt steuerlich absetzbar sind. Das JRC hat mehr als 16 Millionen Mitglieder, davon dürfen sich 924 000 "Special Member", so etwas wie Ehrenmitglied, nennen. Sie zahlen mehr als 120 Mark im Jahr. Eines der Hauptziele des JRC ist der "One Million Member Plan". Die Zahl dieser besonders spendenfreudigen Mitglieder soll auf eine Million oder mehr erhöht werden. Dabei wird das JRC auch vom Staat unterstützt, denn wer als Einzelperson mehr als fünf Millionen Yen (ca. 14 000 Mark)
spendet, erhält einen Verdienstorden des Staates. Bei Gesellschaften oder Firmen liegt die MindestspendenGrenze für den Orden höher. Sehr wichtig ist beim JRC auch das Sammeln von Blutspenden, es stellt 95 Prozent des Services in Japan. Nachdem früher einmal private Gesellschaften bei einem Unfall eines Diplomaten nicht genügend des für ihn benötigten seltenen Blutes stellen konnten, beschloß der Staat, das Blutspendewesen fast völlig in die Hände des JRC zu geben. Bei der Werbung sind die Japaner besonders ideenreich, unter anderem werden berühmte Stars als Spender herausgestellt. Die Blutspendezentralen sind meist an gut frequentierten Plätzen, wie zum Beispiel an einer der wichtigsten Untergrundbahn-Stationen in der Zwöif-Millionen-Einwohner-Stadt Tokio. Das JRC ist auch auf dem Gebiet der Katastrophenvorsorge und -hilfe sehr aktiv - bedingt wohl auch durch die außergewöhnliche Häufigkeit von Erdbeben und Taifunen in und um Japan - und auf dem Gebiet der internationalen Hilfe, Medizin, Sozial- und Jugendarbeit. Es unterhält auch Krankenhäuser, das bekannteste steht in Hiroshima. Dort werden unter anderem täglich 120 bis 140 Patienten ambulant versorgt, die an Spätfolgen des schrecklichen Atombomben-Abwurfs leiden. Vom JRC werden Mütterheime,
Feldhospitäler und mobile Kliniken unterhalten, es ist bei BabysitterAusbildung und -diensten, bei Information und Werbung sehr aktiv. Allerdings gibt es keine Sammlungen von Altmaterial wie beim DRK und keine Glückshäfen oder Tombolen. Die Jugendrotkreuz-Arbeit mit Jungen oder Mädchen, die jünger als 18 Jahre alt sind, erfolgt ausschließlich in Schulen. Wenn der Direktor beschließt, daß seine Schule Mitglied beim Jugendrotkreuz wird, dann werden aus den Klassen gleichsam Gruppen mit dem Lehrer als Leiter. Außerschulische Jugendarbeit wird erst ab 18 Jahren betrieben. Das Jugendrotkreuz ist besonders beteiligt an der Werbung von Blutspendern und beim Blutspenden, also muß auch jedes Mitglied selbst ran, wenn es heißt, Blut herzugeben. Es säubert und verschönert die Schulgelände und Gemeinden, die Mitglieder lernen Blinden- und Zeichenschrift und helfen Behinderten in den Gemeinden und in Heimen, dabei spezialisieren sie sich auf Fachgebiete. Das Jugendrotkreuz ist auch auf dem Gebiet der Völkerverständigung aktiv, gut, sonst hätten die zwei Bayern keine Gelegenheit gehabt, sich "vor Ort" über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu informieren...