Verständigen oder verteidigen?

Vorüberlegungen, Grundlagen und Programm zur Studienfahrt des Jugendrotkreuzes Weißenburg 1990

Gerhard Grimm
1/1990

Zwei Kinder spielen. Das Spiel intensiviert sich und beide versuchen gleichzeitig das gleiche Spielzeug zu erhaschen. Ohne langes Wortgeplänkel kommt es rasch zu Handgreiflichkeiten, zur Schlägerei. Ein Beispiel aus dem Leben, das sich in der Entwicklungsgeschichte des Menschen unzählige Male wiederholt hat. Für uns hat es eine Schlüsselbedeutung. Schon in der Bibel kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen Kain und Abel. Sie hatten bereits einen tragischen Ausgang. Je niedriger die geistige Entwicklungsstufe und je höher das zu verteidigende Gut angesetzt ist, desto eher wird der Zwist durch Gewalt entschieden. Mit steigender geistiger Entwicklung wachsen auch Bereitschaft und Fähigkeit zu mündlicher Auseinandersetzung mit dem Gegner. Die Betrachtung der Primaten im Zoo liefert uns tiefe Einblicke, wie wohl zu Beginn der Menschheitsgeschichte der Streit um Futter, Schlafplatz oder Partner mit einigen Drohgebärden und kräftigen Schlägen entschieden wurde. Als sich der Mensch dann zum seßhaften Bauern entwickelte dienten Dornenhecken, Gräben und später Mauern zum Schutz vor dem Feind. Aus den Gegnern, die sich unverdeckt gegenüberstanden, haben sich die Parteien Angreifer und Verteidiger entwickelt. Wer sich angegriffen fühlt und verteidigen muß, der versucht sich in den Gegner hineinzudenken und seine Angriffspläne durch geeignete Schutzmaßnahmen zu durchkreuzen. Und so wird es mit immer größerer Perfektion durch die ganze Menschheitsgeschichte bleiben. Reicht am Anfang ein Schild gegen die Schläge des Feindes und hält ihn eine lange Lanze auf Distanz, so gilt es bald, nicht nur den Kämpfer, sondern auch seine Familie zu schützen. Erdschanzen, Verteidigungswerke aus Erdgräben, mögen als frühe Beispiele für Schutzwerke dienen, in die sich die Menschen bei Gefahr zurückziehen konnten.

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