Rotkreuz-Sammlung sucht Unterkunft

Der Lehrsaal des Roten Kreuzes in Stein ist bis unter die Decke mit Material gefüllt:

Gerhard Grimm
2/1994

Eine Rotkreuzflagge unter der Zimmerdecke, darunter ein nahezu vollständiges Notlazarett. Von der Notstrom- über die Wasserversorgung bis zur Kommunikation ist an alles gedacht. Den breitesten Raum nehmen aber natürlich ärztliche Instrumente und medizinische Geräte ein. Ringsum an den Wänden Vitrinen mit Ansteckern, Abzeichen, Plakaten, Lehrbüchern, Modellen und vielerlei mehr. Was für ein Großeinsatz steht hier bevor? Es geht ums Ganze, um Räume für ein Museum! Doch beginnen wir der Reihe nach: Eine Jubiläumsausstellung des Roten
Kreuzes in meiner Heimatstadt hatte Norbert Göpfert mit mir zusammengeführt. Er stellte sich mir als RK-Sammler vor und bat um weitere Kontakte. An einem Samstagmorgen rief er dann an: „Morgen stelle ich meine ganze Sammlung aus. Kommt Ihr vorbei?'" Das Interesse siegte und nun quetsche ich Norbert aus, während er uns von Stück zu Stück seiner Sammlung weiterführt und unser Staunen steigt. Norbert ist seit etwa 20 Jahren ehrenamtlich beim BRK in Stein (Kreisverband Fürth) dabei. Als Jugendrotkreuzler hat er bereits etwa 1980 mit dem Sammeln von Abzeichen begonnen. Sein Beruf als Anästhesiepfleger brachte es natürlich mit sich, daß sich sein Interesse auf medizinisches Gerät verlagerte. Die Öffnung des Ostens verlieh seiner Sammelwut einen ungeahnten Auftrieb. Er schrieb zahllose Briefe, bettelte bei zahlreichen Stellen und
legte gewaltige Strecken beim Heimholen des Materials zurück. So konnte er aus einem Lager der Ex-DDR bei Spechthausen große Bestände erhalten. Die Idee ein Museum zu gründen, die ihn seit fünf oder sechs Jahren nicht in Ruhe ließ, nahm immer mehr Gestalt an. Viele wertvolle Stücke aus dem RK-Bereich hat er schon vor der Müllhalde gerettet, viel Geld allerdings auch auf Flohmärkten und Börsen in Neuerwerbungen gesteckt. Es sprach sich herum, daß da einer Dinge vor dem Wegwerfen und Vergessen bewahren wollte. So bekam Norbert auch so manches Sammelobjekt, das inFamilienbesitz dem Vergessen entgegendämmerte. Über 3000 Stücke nennt Norbert Göpfert bisher sein eigen - genau weiß er es erst, wenn er einmal mit dem Katalogisieren fertig ist. Etwa 200 m2 bräuchte er, um eine vernünftige Präsentation zu erstellen, denn bisher lagert alles auf Dachböden und in Kellern, darf ans Tageslicht nur bei Ausstellungen und Jubiläen. Mit anderen Rotkreuzmuseen hält er einen losen Kontakt, so daß Informationen ausgetauscht werden können. Obwohl Nürnberg und Stein so nahe beieinanderliegen, wird es aber wohl zu keiner Verknüpfung der beiden Museumssammlungen kommen (was sicher zum größten RK-Museum im deutschen Raum führen könnte). Es ist unmöglich, alles zu überblicken, was der passionierte Sammler da zusammengetragen hat. Aber einige Highlights seien doch herausgegriffen: Ein Rotkreuz-Porzellanteller der Firma Rosenthal von 1915 in bayerischer und preußischer Version, das goldene Ehrenzeichen des DRK, der Anzug eines Sanitäters während des Angriffs auf Pearl Harbour, Kleidung medizinischer Hilfskräfte in Tschernobyl, die Entwicklungsreihe der Beatmungsgeräte von 1926 bis 1987, etliche Wasserfilter, das Instrumentarium für einen kompletten Operationssaal mit Lampen und Sterilisator, eine Krankentrage aus dem Bunker Erich Honneckers und vieles andere mehr. Sicher wird es vieler Arbeit bedürfen, aus diesem „Sammelsurium" eine Präsentation der Geschichte und Entwicklung des Roten Kreuzes zu erstellen. Es ist aber möglich, wünschenswert und notwendig. Obwohl dem Stadtrat die vorgestellte Materialfülle imponiert, konnte er sich bisher noch zu keiner Entscheidung durchringen, wo eine ständige Ausstellung eingerichtet werden könnte. So kommen die Schätze Norbert Göpferts auch weiterhin nur hin und wieder bei Festveranstaltungen ans Licht.

ein paar seiner Stücke