Die "Lotsin" geht von Bord

Danke, Frau Dr. Mathilde Berghofer-Weichner!

Thilo Fleischmann
3/1993

Frau Dr. Mathilde Berghofer-Weichner, damals Staatssekretärin im Kultusministerium, wurde am 4. Oktober 1975 auf Vorschlag von Präsident Alfons Goppel in den Landesausschuß zugewählt. Nach dem Rücktritt von Herrn Grau wählte sie der LAJ am 10.4.1976 zu seiner Vorsitzenden. Unter ihrer Ägide mauserte sich das Jugendrotkreuz vom "kleinen Anhängsel" des BRK zu einem allseits anerkannten Jugendverband und einer Rotkreuzgemeinschaft, die man ernstnehmen mußte, was zu früheren Zeiten durchaus nicht so selbstverständlich war, wie es uns heute erscheint.
Auch sie selbst nahm die Angelegenheiten des Jugendrotkreuzes immer ernst, was allein die Tatsache verdeutlicht, daß sie in ihrer ganzen 17-jährigen Amtszeit nur ein einziges Mal -und das wegen einer schweren Krankheit- bei einer Landesausschußsitzung fehlte.
Wenn Gefahr für ihre Gemeinschaft im Verzug schien, war sie immer sofort zur Stelle; ich erinnere z.B: an die Satzungsreform von 1988. Hier rief sie der Arbeitskreis Ordnung noch bei Nacht zu Hilfe; das Ergebnis war, daß sie einen Änderungsvorschlag noch am Sonntag zwecks Fristwahrung persönlich ins BRK-Präsidium brachte und diesen trotz erheblicher Widerstände in der am Montag folgenden Sitzung des Landesvorstandes mit der ihr manchmal eigenen Vehemenz auch durchsetzte.
Bei den Landeswettbewerben und andereren wichtigen Veranstaltungen des Jugendrotkreuzes fehlte sie praktisch nie; sie hielt dem Jugendrotkreuz auch
die Treue, als durch ihre Ernennung zur Justizministerin und später zur stellvertretenden Ministerpräsidentin zahlreiche neue Aufgaben auf sie zu kamen. Dieses Engagement war beispielhaft und zeigte, daß ihr Jugendrotkreuz Frau Dr. Berghofer-Weichner wirklich sehr am Herzen lag.
Folgende wichtigen inhaltlichen Beschlüsse fielen u. a. in die Amtszeit von Frau Dr. Berghofer-Weichner: -Schaffung der Voraussetzungen für die Anerkennung des Jugendrotkreuzes als Jugendverband 1976/1977 und die entsprechende Aufnahme in den Bayerischen Jugendring - Entwicklung eines Ausbildungsleitfadens, Einführung der Instruktoren-Ausbildung - Einführung des EH-Lernprogrammes "Wir können helfen" (1981) nach der von ihr mitbewirkten Sollbestimmung des Kultusministeriums, die Erste Hilfe an den Schulen zu unterrichten - Polenaktion 1981 - Einführung der Kindergruppenarbeit 1982
- besondere Internationale Vorhaben (Makedonien, Malawi, Tschechoslowakei usw.) - Wiederbelebung des Schulsanitätsdienstes - Sammelvertretung im Bayerischen Jugendring - Verschiedene Reformen der JRK-Wettbewerbe - Reform der BRK-Satzung und derJRK-Ordnung 1988 - Einführung des "Juniorhelfers", der, wie es aussieht, sich zur größten Aktion des Jugendrotkreuzes seit dem Krieg entwickeln wird. An dieser Stelle möchte ich noch eine nette Begebenheit anfügen: Beim Landeswettbewerb der Stufe I 1989 in Rottendorf lautete beim Bildnerischen Gestalten die Aufgabe, Katzenmasken zu basteln. Einer der Knirpse trat, bewaffnet mit einer Schere, auf seine Vorsitzende zu, mit der Bitte, ob er als Schnurrbart für seine Katzenmaske eine Locke von ihr haben könne. Diese bückte sich sofort und ließ sich bereitwillig ein Büschel Haare abschneiden. Dieses Beispiel zeigt, welch nettes und unkompliziertes Verhältnis ihre jungen Mitglieder und Frau Mathilde Berghofer-Weichner zueinander hatten.
Frau Dr. Mathilde Berghofer-Weichner wollte 1993 nicht mehr für eine weitere Wahlperiode als Vorsitzende des LAJ kandidieren, um bei diesem Amt die Möglichkeit für einen Generationswechsel zu schaffen. Wir wünschen Frau Dr. Mathilde Berghofer-Weichner alles Gute für ihre persönliche Zukunft und dürfen ihr an dieser Stelle aufrichtig für all das danken, was sie in ihrer siebzehnjährigen Amtszeit für das Jugendrotkreuz bewirken konnte!