Internationales Erste Hilfe Camp in Lisno ´91

Für die Woche vom 23. bis 30. September 1991 hatte das Tschechoslowakische Jugendrotkreuz in Lisno ein internationales Erste-Hilfe Camp organisiert. Unter den 31 Teilnehmern aus 8 Nationen fanden sich auch zwei Vertreter vom Deutschen JRK. Wir beide - Amar Falah und Laila Witt - reisten aus Regen im Bayerischen Wald an.

Amar Falah & Laila Witt
1/1992

Aller Anfang ist schwer

Montag war also Anreisetag. Obwohl wir lange suchten, bis wir Lisno fanden, waren wir die ersten Jugendrotkreuzler im Schloß. Nachdem wir mit Hilfe der Dienstbekleidung die Hausangestellten sprachen weder englisch noch deutsch - geklärt hatten, wer wir sind, belagerten wir gleich mal je ein Bett. Und dann warteten wir auf die übrigen Jugendrotkreuzler. Die kamen alle sehr spät, weil's mit dem Bus aus Prag irgendwelche Schwierigkeiten gegeben hatte. Als schließlich alle Gäste im Schloß angekommen waren und sich ein wenig miteinander bekanntgemacht hatten, war schon Zeit für's Abendbrot. Und danach die übliche gesellige Runde. Der erste Abend verlief noch ziemlich kühl. Irgendwie waren die "unsichtbaren Mauern" nicht zu überwinden. Nach diesem ersten Abend fürchteten wir, daß das Ende dieses Camps wohl eine Erlösung sein müßte.

Die Teilnehmer

Am Dienstag morgen begrüßte Franta Picek, Präsident des Tschechoslowakischen JRK und auch Leiter des Camps die Gäste aus Polen, Belgien, Schweden, Monaco, Finnland, Bulgarien, Deutschland und der CSFR, sowie die Referentin Silvia Petrova von der Abteilung "Internationale Arbeit" des Tschechoslowakischen Roten Kreuzes und Prof. Pokorny

Bald ist das JRK in der CSFR wie in der BRD

Von Silvia Pfetrova erfuhren wir einiges über die Entwicklung der nationalen Rot-Kreuz-Gesellschaft in der CSFR. Nach dem zweiten Weltkrieg bestand die Hauptaufgabe des tschechoslowakischen Roten Kreuzes in der Gesundheitsvorsorge und auf sozialem Gebiet. Die Jugendrotkreuzarbeit war auf die Schulen und Kindergärten konzentriert. Erst mit den jüngsten politischen Veränderungen in der CSFR war auch ein Wandel in der Rot-Kreuz-Arbeit zu beobachten. Das Rote Kreuz in der CSFR kann jetzt intensiver nach den Sieben Grundsätzen arbeiten. Vor allem die volle Unabhängigkeit vom Staat ist nun endlich erreicht. Die Arbeit im Jugendrotkreuz wird auch auf außerschulische Gruppen ausgeweitet. Das heißt, die Unterschiede vom Tschechoslowakischen JRK und Deutschen JRK sind bald nicht mehr der Rede wert.

Erste Hilfe ohne Grenzen

Wie schon die Bezeichnung des Camps verrät, war ein Hauptprogrammpunkt die Ausbildung in Erster Hilfe. Damit wurde bereits am ersten Vormittag begonnen. Prof. Pokorny übernahm die Ausbildung in Herz-Lungen-Wiederbelebung. Außerdem wurden wir noch in Rettung aus dem Gefahrenbereich ausgebildet und erfuhren einiges über die Rettung Ertrinkender. Doch bald zeigte sich, daß es gar nicht so einfach war, gut ausgebildete Ersthelfer aus dem JRK - die meißten Teilnehmer waren JRK Gruppenleiter und teilweise sogar selbst Ausbilder - mit "simpler" EH-Ausbildung in englischer Sprache zu fesseln. Trotzdem wurde die Ausbildung wie geplant durchgeführt und mit einem kleinen EH-Wettbewerb abgeschlosen.

Wie ist das eigentlich bei euch im JRK

Wir interessierten uns eigentlich vor allem für das JRK in den anderen europäischen Ländern. Während der Diskussionen zu diesem Thema erkannten wir bald, daß die Unterschiede gar nicht so groß sind. In den meisten europäischen Ländern sorgt das JRK in erster Linie selbst für seinen Etat. Dies geschieht meist durch Aktionen zur Mittelbeschaffung für den Gesamtverband. Von diesem erarbeiteten Geld erhält das  JRK Anteile. DieZuschüsse vom Staat fallen überall sehr bescheiden aus. Es gab aber auch eine Menge Anregungen zur Mittelbeschaffung, Jugendarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und EH-Ausbildung. Auch die verschiedenen nationalen Abende halfen, die nationalen Gesellschaften und auch sonstige Sitten und Eigenheiten des Heimatlandes an die Frau und den Mann zu bringen. Fast jeder Tag wurde mit so einem nationalen Abend abgeschlossen.

Prag ist eine Reise wert

Wenn man schon in Böhmen ist, will man nicht nur lernen und diskutieren. Ein Besuch der "Goldenen Stadt" stand natürlich auf dem Programm. Prag hat diesen Titel zurecht. Schon am Tage blitzen einen goldene Kuppeln oder sonstige vergoldete Verzierungen von Gebäuden an. Doch wenn man nachts nach Prag fährt, sieht man die Stadt schon von Weitem im goldenen Schein. Dieser Anblick ist einfach überwältigend. Daß wir keine Chance hatten, Prag bei Nacht zu erleben, bedauerten wir alle sehr. Es wäre bestimmt sehr nett geworden. In der Zwischenzeit waren wir nämlich schon eine richtige Clique, und ans Heimfahren wollte nun keiner mehr denken.

Lieder überwinden Grenzen

Daß sich so eine Kameradschaft entwikkeln konnte, war vor allem den nationalen Abenden zu verdanken. Als nämlich die Gruppe der tschechoslowakischen Teilnehmer einige Lieder vortrug, waren wir alle so begeistert, daß wir uns zum Mitsingen hinreißen ließen. Es wurde inn "The Red Cross Spirit" gesungen und ging den ganzen Abend mit vielen international beliebten Liedern weiter. Und wenn uns mal nichts zum Singen einfiel, kamen wir einfach ins Plaudern. Bald hatten wir das Gefühl, die Leute hier schon lange zu kennen - so vertraut waren wir uns.

see you again

Egal unter welchem Motto ein internationales Treffen durchgeführt wird, an erster Stelle wird immer die Völkerverständigung stehen. Eine Woche lang durften wir erfahren, wie einfach es doch wäre, die Grenzen der Welt zwischen den Menschen einfach fallen zu lassen. Und jeder, der das erleben durfte, wird bemüht sein, diese Grenzen auch später durch Briefe oder Besuche weiterhin zu überbrücken. Das gilt auch für uns.