Nahkampf mit Nessie

Nicht das Ungeheuer von Loch Ness sondern den inneren Schweinehund bekämpfen wollte die JRK-Gruppe des KV Kitzingen in Schottland, um die eigenen Grenzen kennenzulernen

Andrea Finger
Andrea Finger
4/1996

Gleich am Anfang: der erste Härtetest

Ganz früh am Samstag war der Aufbruch, und das Ziel war erst erreicht am Sonntagabend! Über Rotterdam mit der Fähre nach Hull, über die Autobahn nach Inverness und weiter in die Highlands, zum Backpackers-Bunkhouse in Gairloch. Uns empfing echter schottischer Nieselregen. Die ersten Tage vergingen mit Angeln, meist weniger erfolgreich, einem kleinen EH-Kurs, Aufklärung über Drogen und Ausflügen.

Einen ganzen Tag lang bekommen wir nichts zu essen

So und ähnlich kursierten die Gerüchte über den "Tag der Härte", der am folgenden Samstag anstand. Den Kids zitterten schon die Knie, die Erwartungen und Ängste waren groß, vor allem, weil niemand wußte, was ihn erwartete und die Betreuer absolutes Stillschweigen einhielten. Am Abend davor unternahmen wir sogar noch eine Nachtwanderung bis 2 Uhr. Es war lausig kalt und sternklar. Um 7 Uhr war schon Wecken. Die Wildnis wartete. Zwei Gruppen setzten sich von verschiedenen Parkplätzen aus in Marsch, ausgerüstet nur mit Kompaß und Karte. Ein Kreuz markierte die Stelle, an der wir uns um Mittag treffen wollten. Es gab keine Wege, keine Markierungen, nur viel Landschaft,
Noch dazu sehr unwegsame. Die Gruppe vom Loch Maree mußte fast 800 Höhenmeter überwinden, auf alle wartete sumpfiges Gelände, Bäche, sogar Wasserfälle. Zunächst versuchte man noch, trockenen Fußes hindurchzukommen, dann war es jedem egal, daß die Schuhe naß wurden. Martinas Dockers hatten am Abend sogar total ausgedient, weil sich die Sohle gelöst hatte. Zu allem Überfluß zog noch eine Schlechtwetterfront auf. Trotz aller Strapazen, Julia sogar mit bandagierten Kniegelenken, und alle am Ende der Leistungsfähigkeit erreichten wir am späten Nachmittag unser Cottage. Ach übrigens: mittags gab es Bohnensuppe mit Würstchen! Und da wir schon beim Thema Essen sind, habt Ihr schon mal so verlockende Sachen probiert wie eine sehr sättigende Mahlzeit, aus Hafermehl, Zwiebeln und Gewürzen?

Sovie, Pizza, Chips und White Pudding

Und am letzten Abend standen sogar Schweinebraten, Klöße, Blaukraut und Bayerische Creme auf dem Tisch. Das war nämlich unser Abschiedsessen als Dank für die Gastgeber. Nur hatten wir nicht mit der Schwierigkeit gerechnet, einen ausreichend großen Topf für 60 Klöße zu bekommen. Doch mit Improvisationstalent wurde auch diese Aufgabe gemeistert. Am besten schmeckten den Schotten aber der mitgebrachte Frankenwein und der Schnaps.
Bei Vollmond auf der Rückreise feierten wir an Deck unseren Abschied von zwei intensiv erlebten Wochen, aber nicht von den neu geknüpften Freundschaften und schon gar nicht von unseren vielen Erinnerungen.