Der kleine JRK-Elefant in Marienbad/Tschechien

Die Jugendlichen des JRK Gößweinstein führten mit Hilfe ihres Jugendleiters Othmar Petsch und ihrer Gruppenleiterin Kerstin Bauer und Frank Reichel eine Hilfsaktion für das Kinderheim in Marienbad durch. Es fehlte dort vor allem an Kleidung, Schul- und Schreibmaterial, Bettwäsche u.a. Das gesamte Material wurde gespendet und kurz vor Weihnachten übergeben.

Kerstin Bauer, Frank Reichl
Othmar Petsch
1/2001

Ganz ganz herzlich wurden wir in Tschechien empfangen und bezogen Unterteils neugierigen, teils scheuen Blicken der Bewohner unsere Zimmer im Kinderheim. Bereits hier stellten unsere JRK'ler deutliche Unterschiede in Bezug auf Lebensraum und die sanitären Anlagen fest. Auch das Abendessen war ein neuartiges, fremdes, aber keinesfalls unangenehmes Geschmackserlebnis. Dann stand der erste nähere Kontakt mit den Kindern des Heims bevor. Etwas unsicher saßen wir uns schon gegenüber, denn es gab ein Problem die Verständigung. Nichtsdestowenigertrotz stellten wir uns erst einmal höflich vor, wobei eine Erzieherin des Heims dolmetschte. Dann blieben wir aber mit den Kindern allein. Ein Spiel sollte die für beide Seiten ungewohnte Situation auflockern. Alle Beteiligten nahmen erst zögernd, dann aber mit rasch wachsender Begeisterung teil. Obwohl wir einander kaum verstanden, schlössen wir den Abend in beinahe vertrauter Stimmung ab. Am nächsten Morgen kam der Vorsitzende des Tschechischen Roten Kreuzes zu Besuch. Eine frühere Lehrerin übersetzte seine und unsere Fragen. Prof. Dr. Josef Bubenik erzählte uns, die Hauptaufgabe des dortigen RK sei die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Jedoch sei die Anzahl der aktiven Mitglieder in solchen Organisationen sehr klein und das zur Verfügung stehende Geld noch knapper. Dafür sei die Anzahl der Redenschwinger um so größer. Irgendwie kam uns dann ein wenig bekannt vor ... Er erzählte uns auch, dass im Sozialismus die ehrenamtliche Arbeit sozusagen ein „freiwilliges Muss" war und infolgedessen die Bereitschaft bzw. die eigentliche Idee des Roten Kreuzes aus den Köpfen der Menschen verschwunden ist. Vielleicht können wir ja mit dazu beitragen, dass wir trotzdem optimistisch in eine gemeinsame Zukunft blicken können, zumal Herr Bubenik eine Dokumentation über unsere Aktion im tschechischen Fernsehen ausstrahlen ließ. In Marienbad gab es einiges zu entdecken. So besuchten wir ein Haus, in dem Goethe zeitweise gelebt hat und das nun ein Stadtmuseum ist. Die Räume Goethes sind in einem weitgehend originalgetreuen Zustand mit Möbeln, Bildern und einigen alten Ausgaben seiner Werke. Außerdem besuchten wir eine Wanderausstellung zum Thema „Krankheiten, unter denen die Menschen litten und wie sie diese behandelten". Beim Anblick einiger älterer „Folterinstrumente" wie z.B. Zahnarztbesteck oder Blutegel waren wir doch ganz glücklich über die Fortschritte in der Medizin... Auffallend in Marienbad ist die große Anzahl von Kurhäusern, deren Bau auf die vielen Quellen zurückzuführen ist, denen eine heilsame Wirkung zugeschrieben wird. Den letzten Tag unseres Auf enthaltes begannen wir - wie schon fast gewohnt - mit einem gemütlichen Frühstück. Erfreut nahmen wir den Vorschlag der Erzieherinnen an, zusammen mit ihren Schützlingen eine Art „Krippenaussteliung" zu besuchen. Anders als erwartet, befanden sich die Krippen jedoch nicht in einem Museum oder Ausstellungssaal, sondern in einem kleinen schlichten Raum. Sinn der Krippensammlung sollte es sein, die Menschen wieder daran zu erinnern, dass das Wichtigste die Geburt Christi und nicht die Geschenke sind. Allerdings scheint das den tschechischen Kindern sowieso eher bewusst zu sein als uns. Beim Hinausgehen fiel einem Gruppenleiter die etwas seltsam anmutende Zusammenstellung von christlichen und jüdischen Symbolen auf. Die darauf angesprochene Erzieherin des Kinderheims konnte mit etwas Mühe klarstellen, dass das besuchte Haus einer kleinen, jedoch alteingesessenen religiösen Randgruppe gehörte, einer Art Symbiose aus christlichem und jüdischem Glauben. Eine unerwartete kulturelle Vielfalt - nicht zu vergessen, dass Tschechien bis vor einigen Jahren noch fest in der Hand des Sozialismus war, der religiöses Leben gleich welcher Art gar nicht gern sah! Inzwischen hatte es zu schneien begonnen. Ehe wir uns versahen, wurde unser Nachhauseweg durch einen Park von einer ausgelassenen Schneeballschlacht begleitet. Kaum einer von uns hatte am Ende nicht einen geschmol
zenen Schneeball im Rücken oder war kräftig eingeseift worden. Aber das Eis war damit im wahrsten Sinne des Wortes endgültig gebrochen. Voller Übermut rannten und schrien alle durcheinander, und es war schön anzusehen, wie aus dem vorsichtigen „Beschnuppern" die ersten Freundschaften entstanden. Schweren Herzens bereiteten wir uns auf die Abreise vor. Es fiel uns schwer zu gehen. Alle winkten uns nach einem herzlichen (und teilweise herzzerreißenden) Abschied nach und so manch einer von ihnen, aber auch von uns, hatte Tränen in den Augen. Als wir uns dann doch losreißen konnten, verfolgte uns die Stimmung der letzten Stunden noch eine ganze Weile. Fest steht, dass es uns allen sehr gefallen hat und dass wir darauf hoffen, die tschechischen Kinder, unsere neu gewonnenen Freunde, bald wiederzusehen!

Die Jugendrotkreuzgruppe Gößweinstein möchte sich an dieser Stelle noch besonders bei allen bedanken, die uns bei unserer Aktion unterstützt haben. Insbesondere sind hier die vielen spendenbereiten Bürger zu nennen, der Franziskus-Kindergarten, die Rettungsmäuse in Hausen, Direktor Hemme vom KV Forchheim und nicht zu vergessen die Eltern unserer Grüpplinge, die uns mit ihrer Arbeitsleistung beim Verpacken der Hilfsgüter unterstützt haben und natürlich auch dafür, dass sie uns ihre Kinder für solche Aktionen fernab der Heimat anvertrauten.

der Elefant