Juniorhelfer im Kosovo

Seitdem ein fränkischer JRKler im Kosovo sein Unwesen treibt, bekommt die (Jugend-) Arbeit der Internationalen Föderation der Rot Kreuz und Rothalbmondgesellschaften (kurz Foederation) einen leichten bayerischen Anstrich.

Michael Sauer
Michael Sauer
1/2002

Dieser JRKler bin ich, Michael Sauer, 25 Jahre, bisher wohnhaft in Glattbach bei Aschaffenburg und seit 17 Jahren aktiv im JRK (an dieser Stelle ganz liebe Grosse an Andrea, Steffi, Christiane, Kalle, Knut, Sebi und den Rest vom JRK Glattbach). Seit nunmehr 5 Monaten arbeite ich alsYouth Delegate (Jugend-Deligierter) für Föderation in Pristina, Kosovo. Föderation, Kosovo, Jugend-Deligierter - alles klar? Nee? Vielleicht sollte ich das eine oder andere etwas näher erläutern:

Wie kommt ein bayerischer JRKler in den Kosovo?

Eigentlich ist das ganz einfach: man ist mit seinem Bürojob (Anzug und Kravatte, ihr wisst schon) nicht mehr 100% zufrieden. Dann kommt ein Brief vom DRK, in dem em JRKler gesucht wird, der für ein Jahr im Kosovo arbeitet, im Aufgabenbereich Jugendarbeit. Ungläubig und nervös wird dann die Bewerbung in den Computer getippt. Es wird mit internationalen Camps in Finnland, Österreich, Unterfranken (!!!) und Tansania geprahlt. Natürlich darf der JRK Bundeswettbewerb nicht fehlen, sonst hat man ja eh keine Chance gegen die restlichen Bewerber. Nachdem die Bewerbung abgeschickt war, ging alles ganz schnell. Bewerbungsgespräch in Berlin, Kündigung meines alten Jobs als Dipl. Betriebswirt in Hanau, Briefing im Genfer Föderations Generalsekretariat und schon konnte ich im September meine Stelle in Pristma antreten.

Was macht den nun ein Jugend-Delegierter im Kosovo den ganzen Tag?

Im Kosovo gibt es zwei Rot-Kreuz Gesellschaften, das Red Cross of Kosova (repräsentiert hauptsächlich den albanischen Bevölkerungsanteil) und das Red Cross of Kosovo and Methojia (repräsentiert hauptsächlich den serbischen Bevölkerungsanteil). Meine Aufgabe besteht nun darin, beide Organisationen zu unterstützen ein effizientes JRK aufzubauen. Bis heute nehmen zwar Jugendliche an Aktivitäten der Erwachsenen teil, aber ein eigenes JRK gibt es nicht. Und da im Kosovo 60% der Bevölkerung jünger als 25 ist, ist es höchste Zeit eine Art JRK aufzubauen. Was heisst das? Eine unserer (ich arbeite zusammen mit meinem Assistenten Elliot) Hauptaufgaben letztes Jahr bestand darin, Jugendleiter auszubilden, die dann in ihren Städten eme JRK Gruppe gründen können. So mussten alle Materialien für den Lehrgang erstmal ins Englische und dann ins Albanische übersetzt werden. Es war auch eine grosse Herausforderung, einen kompletten Lehrgang (2 Wochenenden) auf Englisch zu halten. Unterstützt wurde ich von acht kosovarischen JRKlern, die das erste Mal in ihrem Leben Teamer sein durften. Und sie haben sich grossartig bewährt. Der Lehrgang war also ein totaler Erfolg, wir hatten riesigen Spass und die 20 Jungs und Maedels aus Städten mit so tollen Namen wie Vushtrri, Gjakova, Kacanik oder Suhareka haben eine Menge Neues mit nach Hause genommen und sich auch gleich an die Arbeit gemacht und Aktivitäten geplant. Eigentlich war der Unterschied zwischen einem Lehrgang in Deutschland gar nicht allzu gross, bis auf die Temperaturen (wir hatten bis zu minus 20 Grad).
Weiterhin arbeiten wir an einem neuem Erste Hilfe Konzept für Kinder und Jugendliche im Kosovo. Bislang wird Erste Hilfe wie folgt unterrichtet: in einem Klassenzimmer finden sich ca. 50 Schüler em, die dann eine Stunde lang von emem 50jährigen Arzt aus dem Erste Hilfe Handbuch für Erwachsenen vorgelesen bekommen - keine Bilder, keine Spiele, wenig Praxis. Angeregt durch die Ideen des Juniorhelfers möchten wir nun einen in ganz Kosovo einheitlichen EH Kurs für Kinder und Jugendlichen erarbeiten. Und da uns der Juniorhelfer bereits sehr viele Ideen und Anregeungen gegeben hat, könnt ihr vielleicht in einem Jahr die albanische und serbische Version des Juniorhelfers bestaunen. Für 2002 planen wir eine Vielzahl von Lehrgängen und Aktivitäten. Wir wollen z.B. eine grosse Kampagne zur HIV / AIDS Aufklärung starten. Jugendliche im Kosovo (v.a. ausserhalb von Pristina) sind überhaupt nicht aufgeklärt, was dieses Thema anbelangt. Eine Studie hat herausgefunden, dass 1/3 aller befragten Jugendlichen dieser Studie glauben, ADS lässt sich dadurch übertragen, dass man neben jemandem steht, der mit dem Virus infiziert ist. Für den Sommer sind Zeltlager und Spielmobile geplant. Wir sind ausserdem auf der Suche nach einem Referenten, der unsere Abeit fortführt, wenn ich mich Mitte oder Ende 2002 aus dem Kosovo verabschieden werde. Falls
ihr also albanisch und am besten auch serbisch sprecht, Erfahrung in der Jugendarbeit gesammelt habt und für ca. 400 DM im Monat in Pristina arbeiten möchtet, könnt ihr euch gerne bis Ende Februar bei mir bewerben.

Heimweh?

Pristina ist wohl die dreckigste Stadt, die ich in meinem Leben gesehen habe, und auch sonst musste ich mir einiges an Luxus (z.B. Strom und fliessendes Wasser rund um die Uhr) abgewöhnen. Aber alles m allem lässt es sich hier sehr gut aushalten. Wir haben in unserem Büro ein fabelhaftes Abeitsklima, die Abendgestaltung bietet vom Candellight Dinner (weil mal wieder der Strom weg ist) bis zum Besuch von Diskotheken mit klangvollen Namen wie Zanzi-Bar oder Boom Boom Room einige Abwechslung und innerhalb von 12 Stunden Autofahrt kann man sehr schöne Lanschaften zum Skifahren, Wandern oder einfach nur zum Relaxen erreichen.
Aber eines fehlt mir doch sehr - leckeres schmackhaftes deftiges Schwarzbrot!!!