In Augsburg ist der Heli los

Viel zu lange ohne Übung, traf sich die Sanitätseinheit des Jugendrotkreuzes am 13. November 2010 völlig ahnungslos zu einer Schnelleinsatzgruppen-Schulung (SEG -Schulung), bis das Telefon klingelte.

Melanie Schmidt, Thomas Tülp
Melanie Schmidt, Roman van Nievwenhujse
1/2011

Die Übungsleitstelle alarmierte mit den Worten: „Einsatz für den RK 2-11-1, Grillunfall an der Wertach, Flusskilometer 8,8 und es sind mehrere Personen betroffen...“


Mit Blaulicht und Horn war nach ca. 10 Minuten das Einsatzfahrzeug mit dem SEG -Anhänger an der Unfallstelle angekommen. Die Verletzten befanden sich in einem unzugänglichen Gelände und waren von der Wertach eingeschlossen, weshalb die ebenfalls ahnungslose, an der Übung teilnehmende Wasserwacht Augsburg-West nachalarmiert wurde. Auch die Fernmeldegruppe des Kreisverbandes Augsburg- Stadt unterstützte am Einsatzort.


Während die Verletzten quer über den Fluss durch laute Rufe und später mit Megaphon betreut wurden, bauten die restlichen fünf anwesenden Mitglieder der Sanitätseinheit das SG-20-Zelt auf und stellten mit dem medizinischen Equipment einen voll ausgestatteten Verbandplatz her.


Die nun eintreffenden Wasserretter zögerten nicht lange und retteten den ersten Verletzten, der in den reißenden Fluten abzutreiben drohte. Während sich die Wasserwacht mit Schwimmbrett zu den übrigen Verletzten vorkämpfte, wurde das Zeltpersonal von der Übungsleitstelle aufgefordert, das Zelt zusätzlich zu sichern. Es sollte ja schließlich nicht abheben, wenn der Helikopter (!?) landet. Mit dieser Information war selbst die Übungsleitstelle kurzzeitig überfordert, da sich niemand getraut hätte, von solch einem Einsatz auch nur zu träumen. Die Besatzung des Polizeihubschraubers erfuhr über Umwege von der stattfindenden Übung und wollte sich diese zunächst nur ansehen, da sie zu diesem Zeitpunkt in der Nähe waren.

Behandlungsort für Patienten

Von dieser Planungsänderung bekamen die im Einsatz eingebundenen Wasserretter noch nichts mit, da sie mit der Bergung der Verletzten alle Hände voll zu tun hatten. Diese stellte sich aufgrund der starken Strömung der Wertach schwieriger als gedacht heraus. Langsam kam auch etwas Licht ins Dunkel, denn durch das Befragen der ersten Patienten klärte sich der Hergang des Unfalls: Auf der gegenüberliegenden Flussseite feierte eine Gruppe von sechs Personen. Der Gasgrill explodierte und die Feiernden wurden verletzt. Von Schock, leichten Schürfwunden, Verbrennungen 1. bis 2. Grades, offener Beinfraktur, Unterarmfraktur, Bewusstlosigkeit, Schädelbasisbruch bis zum Tod war alles dabei.


Die Bergung stellte sich als körperlich sehr anspruchsvoll heraus und brachte einige Wasserretter an ihre Grenzen. Mittlerweile hatte sich das Szenario bereits im Augsburger Stadtteil Göggingen herum gesprochen und das Geschehen wurde von den kritischen Augen unzähliger Passanten begutachtet. Der mit Spannung erwartete Augenblick kam: Der Polizeihubschreiber „Edelweiß 4“ tauchte hinter den Bäumen auf und beteiligte sich am Einsatzgeschehen. Er suchte den Flussverlauf nach weiteren Verletzten ab. Eine Person wurde gesichtet, daraufhin landete der Helikopter auf einer Kiesbank und nahm einen Wasserretter zur Bergung der Person auf. Der Wasserretter wusste zunächst nicht wie im geschah, schließlich steigt man nicht jeden Tag in einen Helikopter mit dem Hintergedanken, kurz darauf genau diesen durch einen Sprung wieder zu verlassen. Er stürzte sich todesmutig in die Fluten und erreichte das Opfer. Hier stellte sich leider heraus, dass der letzte Verletzte nicht mehr lebte.

Jugendrotkreuz-SEG -Modul vor dem Polizeihubschrauber „Edelweiß“

Nach Übungsende durften alle den Hubschrauber der Polizei besichtigen und erfuhren von der Besatzung viele interessante Details. Zur Abschlussbesprechung und zum gemeinsamen Grillen trafen sich alle beteiligten Einsatzkräfte im Familienbad – dem Standort der Wasserwacht Augsburg- West. Trotz einiger Kritikpunkte gab es großes Lob und es wurde einstimmig beschlossen, von nun an öfter solche Übungen durchzuführen.

Vielen Dank an die Planer der Übung! Es hat richtig Spaß gemacht und es wurde so einiges geboten!