Gelebte Inklusion mit Staatspreis gewürdigt

Das Jugendrotkreuz im BRK-Kreisverband Fürth erhält den Sozialpreis der bayerischen Landesstiftung, insbesondere für seine gelungene Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen.

Christoph Modschiedler, Dr. Jutta Linzmeier
Christoph Modschiedler, Michael Scheumann
4/2015

Unser Zusammenleben mit behinderten Menschen ist auch heute noch häufig gekennzeichnet durch Separation (Abtrennung, Absonderung) und Exklusion (Ausschluss). Behinderte Kinder besuchen eigene Schulen, finden als Erwachsene kaum Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Von Vereins- und Freizeitaktivitäten sind sie oft ausgeschlossen, da sie Fähigkeiten und Normen, die nichtbehinderte Menschen festgelegt haben, nicht erreichen. Im Wettkampfsport bekommen Sportlerinnen und Sportler mit Handicap ihre eigenen, meist wenig beachteten, Wettbewerbe. Integration versucht Menschen mit Behinderung wieder in die Mitte unserer Gesellschaft aufzunehmen, Inklusion ist der letzte Schritt, die Vielfältigkeit unserer Gesellschaft und ihrer Mitglieder von Anfang an zu akzeptieren. Am Besten vielleicht übersetzt mit: Mittendrin nicht nur dabei.
Im JRK KV Fürth wird Inklusion schon seit vielen Jahren gelebt. In den Ortsgruppen Großhabersdorf und Stein spielen und lernen Kinder mit und ohne Behinderung zusammen. „Wir haben schon vor Jahren damit begonnen Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen und Lernschwierigkeiten bei uns aufzunehmen“, so Thomas Wolf, Leiter der Jugendarbeit im Jugendrotkreuz Fürth. Das ist nicht selbstverständlich, denn gemeinsame Freizeitangebote für Kinder mit und ohne Behinderung sind dünn gesät. Das Arbeiten mit einer inklusiven Gruppe stellt die Jugendleitungen immer wieder vor schwierige Momente. Es muss erklärt, beruhigt, geschlichtet werden. Kinder mit Behinderung brauchen manchmal eine Auszeit, sind weniger belastbar und man muss immer im Auge behalten, dass diese Kinder ein anderes Gefahrenbewusstsein haben und mehr Aufmerksamkeit bedürfen. Dies erfordert mehr Mitarbeitende in den Gruppen. Mit Aufgaben, die ihrem Leistungsstand und Vorlieben entsprechen, werden die Kinder mit Handicap in die JRK-Gruppenstunden und Wettbewerbe eingebunden: Notruf absetzen, Verbände aller Art machen oder Trösten ohne Worte – Fähigkeiten gibt es viele. Auch die Kinder ohne Behinderung lernen dabei, mit verschiedenen Verhaltensauffälligkeiten der Handicap-Kinder umzugehen. Berührungsängste oder gar Ablehnung kommen kaum vor. Vor zwei Jahren wagten die Großhabersdorfer dann erstmals die Teilnahme am Kreiswettbewerb mit ihrer „besonderen“ Gruppe und erreichten zur Überraschung aller den dritten Platz. „Keine Frage“, so Dr. Jutta Linzmeier aus Großhabersdorf, „dass wir auch in diesem Jahr wieder dabei waren!“ Unter dem Namen „In statt Out“, was so viel bedeuten soll wie „wir sind mittendrin dabei, bei uns steht niemand am Rand“, bestand 2015 die Gruppe aus Mitgliedern der Ortsgruppen Stein und Großhabersdorf, die sich für den Wettbewerb zusammengeschlossen hatten. Der 12-jährige Oliver und der 17-jährige Abel lotsten die Gruppe mit Handicap durch den Wettbewerb, die bei der spannenden Wettkampf-Atmosphäre über sich hinauswuchs, Erstaunliches leistete und schließlich den vierten Platz gewann.
Die offizielle Verleihung des „Sozialpreises der Bayerischen Landesstiftung“ fand am 26. November in Augsburg statt. Hier wurde den Gruppenleitungen aus Stein und Großhabersdorf, zusammen mit den LdJAs der Preis von Staatsminister Dr. Markus Söder, MdL übergeben. Dieser ist mit insgesamt 10.000 € dotiert. Das Preisgeld wird für die Jugendarbeit vor Ort in Stein und Großhabersdorf eingesetzt sowie in die Anschaffung eines neuen JRK Busses investiert.
 

Inklusion: Was heißt das eigentlich? Inklusion kann man übersetzen mit Zugehörigkeit, es ist normal verschieden zu sein, jeder ist willkommen.