
Okkultismus
Was sind die Gründe für eine derartige Schwemme moderner "Kultformen"?
Man könnte doch meinen, solche
"Spinnereien" passen nicht in unsere
Zeit, in der doch alles rationalistisch
betrachtet wird. Vielleicht ist aber auch
dies ein Grund dafür... Irgendwann einmal
hat man erkannt, daß die Technik
vielleicht doch nicht ganz zum Heil
schlechthin führt; hier und da tauchen
immer größere Unstimmigkeiten und
Fehler auf. Am Ende allen Fortschritts
steht man dann vor großen Fragezeichen:
Wo kommt denn jetzt plötzlich
diese Umweltverschmutzung her? Der
Rüstungswettlauf? Und die Angst vor
einer Atomkatastrophe und der Seuche
AIDS? Die allgemeine Orientierungslosigkeit,
die sich breitgemacht hat und
die auch in Wissenschaft und Religion
zu finden ist?
Wegen dieser Ratlosigkeit - auf dem
Hintergrund von rein äußerlichen Werten,
dem Anspruch auf Machbarkeit und
einkalkulierbaren Bedürfnisbefriedigungen
- bricht allmählich die Sehnsucht
nach einer Wiederverzauberung der Welt
empor, nach Phantasie und nach übersinnlichen
Werten; das Bedürfnis nach
Optimismus und Beantwortung der Sinnfrage
dringt in den Vordergrund.
Gerade zu diesem Zeitpunkt tritt die
Strömung des "New Age" auf, die Optimismus
verbreitet, indem sie anstelle
der Weltuntergangsstimmung die Ankündigung
der großen bevorstehenden "Wendezeit"
setzt. Es handelt sich dabei um
eine soziale Bewegung, die ungewöhnliche
Denkmodelle hervorbringt, um die
Welt wieder zu bereinigen. Die sogenannte
"Postmoderne" - eine "Fortsetzung"
des "New Age" - besteht hingegen
nur noch aus einer verschwommenen
Masse "neuer Innerlichkeit", dem
Versteckspiel vor tatsächlichen Wirklichkeiten,
Aberglauben, einer Einlullung
von seltsamen Phänomenen, dem Trend
zu narzißtischer Selbstbeweihräucherung
und einer Verbindung aus deplazierten
östlichen Religionen und Wiedergeburtsglauben.
Manche sind auf der Suche
nach einer großen Weltreligion für das
kommende Zeitalter, in dem alle Strömungen
zu einer Einheit verschmelzen
und so gemeinsam das Heil erstreben.
Ein Weg zu diesem Ziel scheinen okkulte
und spiritistische Techniken zu
sein, wie "telepathischer Kontakt mit
den Engelreichen", verschiedene Meditationsformen,
oder - allgemein formuliert
- Techniken eines "Hinausgehens"
über die geistigen und körperlichen Beschränkungen,
hin zu einer neuen Wirklichkeitsebene.
Okkultismus
Der Begriff "Okkultismus" stammt
von "occultus" (lat.) und bedeutet "geheim",
"unsichtbar" und "verborgen". Er
ist eine Sammelbezeichnung für sämtliche
Phänomene, die bei Astrologie, Magie
und Spiritismus vorkommen und die
mit den herkömmlichen wissenschaftlichen
Methoden nicht erklärbar sind.
Die Vorgänge des Okkultismus reichen
von der Skala des Aberglaubens bis
hin zu den Ritualen der schwarzen und
weißen Magie. Einige Markierungspunkte
sind Pendeln, Handlesekunst, Kartenlegerei,
Liebes-, Haß- und Todeszauber,
Forschen im Kaffeesatz, Wünschelrutengehen
und Suggestion. Der Okkultismus
kann sich auch in mystischen Meditationen
äußern, die in Entrückungen,
Trancezuständen und Levitation (freies
Schweben im Raum) gipfeln. Eine andere
Form der Zauberei, die die Grenzen
zur schwarzen Magie hin überschreitet,
ist die Satansverehrung oder Satanologie
mit ihren verschiedenen Zeremonien.
Sonderform: Der Spiritismus
Der Spiritismus ist die Lehre von
dem Verkehr mit Verstorbenen, die sich
angeblich vorübergehend in ein Medium
(ein für Übersinnliches empfänglicher
Mensch) reinkarnieren und ihm Botschaften
vermitteln. Der Spiritismus
will damit nachweisen, dass man nach
dem Tode eines Menschen weiterhin mit
seiner Seele in Verbindung bleiben kann.
Der moderne Spiritismus hat Mitte des
19. Jahrhunderts in Amerika seinen Ursprung
gefunden, als man bei den
Schwestern Fox, Töchtern eines Farmers
aus New York, 1847 häufig laut
auftretende, unerklärliche Klopflaute
bemerkte. Diese Geräusche schienen
von einem intelligenten Wesen zu stammen,
das die Kinder "Mr. Splifoot"
nannten. Wenn man einen bestimmten
Code anwandte, konnte man sich sogar
mit ihm unterhalten.
Seitdem hat die Parapsychologie eine
Menge Nachforschungen über derartige
Phänomene begonnen, die in Form von
spiritistischen Sitzungen, sogenannten
Seancen durchgeführt werden. Daraus
haben sich sämtliche Richtungen und
Techniken entwickelt, mit denen man
versuchte, mit Verstorbenen Kontakt
aufzunehmen.
Der Spiritismus hat sich bereits zur
größten pseudoreligiösen Sekte entwickelt,
der sich etwa 500 000 Leute verschrieben
haben.
Methoden
Eine sehr beliebte Methode des Spiritismus
ist das Tischrücken. Dabei bildet
ein Kreis von Leuten mit gespreizten
Fingern eine Kette und hält die
Hände über einen Tisch. Dann stellt
man dem "Geist" Fragen. Man ruft ihm
die Buchstaben des Alphabets zu, und
beim richtigen Buchstaben bewegt sich
der Tisch. Das kann lange dauern, aber
auf diese Art kommen ganze Sätze zum
Vorschein.
Eine andere Variante des "Do-ityourself-
Spiritismus" stellt das sogenannte
"Ouija-Brett" dar, ein meist auf
Karton oder Holz geklebtes Blatt Papier,
auf dem im Halbkreis die Buchstaben
des Alphabets sowie eine Zahlenfolge
stehen. In die Mitte wird ein umgestülptes
Glas gestellt, auf dessen Boden
die Anwesenden leicht die Fingerspitzen
legen, wobei sie darauf achten, dass keiner das Glas bewusst verschieben kann.
Diesmal stellt man dem "Geist" wieder
Fragen und das Glas bewegt sich auf
dem Alphabet zwischen den einzelnen
Buchstaben hin und her und bildet dadurch
Antworten.
Man kann den "Geist" auch selbst
schreiben lassen - mit Hilfe der sogenannten
Planchette. Es handelt sich um
einen kleinen Karton, der entweder verschiebbar
ist, oder an dem kleine Rollen
angebracht sind. In der Mitte ist ein
Stift so befestigt, dass er abfärbt, wenn
sich der Karton über das Blatt Papier
bewegt, das unter ihm liegt. Das Medium
und die Anwesenden legen wiederum
die Fingerspitzen leicht auf den
Karton, und keiner kann erkennen, was
geschrieben wird.
Der "Geist" kann sich auch auf eine
andere Weise schriftlich mitteilen, nämlich
mit dem "Automatischen Schreiben"
durch das Medium selbst. Das bedeutet,
dass entsprechend begabte Menschen
automatisch, also ohne das bewusste
Eingreifen ihres Willens, zu
schreiben beginnen. Es kann der Eindruck
erweckt werden, dass das Medium
vorübergehend von einem fremden
"Geist" besessen sei - denn Körperhaltung
und Schrift sind dabei völlig verändert.
Ein ähnliches, noch merkwürdigeres
Phänomen ist das "Automatische Sprechen",
auch Glossolalie oder Xenoglossie
genannt. Man spricht von dieser okkulten
Form des Zungenredens, wenn das
Medium durch eine ihm fremde, völlig
veränderte Stimme in anderen Sprachen
redet. Die Person, in die sich der
"Geist" reinkarniert hat, erwacht - wie
bei anderen spiritistischen Tätigkeiten
auch - ohne Erinnerung an das, was sich
in Trance abgespielt hat.
Auf den Inhalt der Botschaften haben
die Beteiligten insofern keinen Einfluß,
als man nicht genau erkennt, auf welchem
Weg diese Botschaften zustande
gekommen sind - denn Gläser, Tische
und Kartons haben sich anscheinend von
selbst bewegt. Das Typische dabei ist
der Eindruck des Zwanges und des
Fremden, den die Mitteilungen durch
Form und Inhalt machen. Durch eine
weitere Tatsache wird dieser Eindruck
noch verstärkt: Die Botschaften erfolgen
meist im Namen fremder Persönlichkeiten,
namentlich Verstorbenen, deren
individuelle Ausdrucksformen dabei
höchst charakteristisch sind.
Beispiele
Viele dieser "Botschaften aus dem
Jenseits" wurden ganz genau überprüft:
Sie nannten völlig richtige Namen und
Adressen von Leuten, die vor kurzem
gestorben und oft niemandem in der
Gruppe bekannt waren.
Ein Beispiel sind die Zeitungsberichte,
in denen die spiritistische Sitzung
einiger Jugendlicher in Blackpool beschrieben
wurde. Die Jungen hielten die
Seance im Keller einer Schule ab, die in
einem Stadtteil lag, der in der Vergangenheit
Tatort mehrerer Morde war.
Mit Hilfe des Ouija-Brettes empfingen
sie die Botschaft einer Frau, die 1845
von einem Mann namens Mercer ermordet
worden war. Als die Jungen einen
Beweis für ihre Gegenwart verlangten,
begann die Temperatur im Raum zu fallen.
Einige bekamen es mit der Angst
zu tun, und die Sitzung wurde abgebrochen.
Etwas noch Erstaunlicheres trug sich
an dem Tag zu, als die "Lusitania" sank.
Die Teilnehmer einer Sitzung hatten
zwar vom Untergang des Schiffes gehört,
wussten aber nicht, dass ein persönlicher
Freund, Hugh Lane, an Bord
gewesen war. Sie erfuhren nun durch
die Seance davon, und sogar Hugh Lane
selbst meldete sich und beschrieb die
letzten zehn Minuten vor seinem Ertrinken.
Wenig später fanden seine
Freunde seinen Namen in der Abendzeitung
auf der Liste der ums Leben gekommenen
Passagiere.
Ein Beispiel für Tischrücken liefert
Fanny Moser, die ursprünglich nicht an
Außersinnliches glaubte, aber interessehalber
1913 an einer Seance in Berlin
teilnahm. Dieses Ereignis schlug wie eine
Bombe bei ihr ein und veranlasste
sie, sich in ihrem weiteren Leben eingehend
mit außergewöhnlichen Phänomenen
zu beschäftigen und ein tausendseitiges
Werk über Okkultismus zu schreiben.
Bei ihrem Erlebnis handelte es sich
um eine Sitzung mit einer berühmten
Spiritistin, die unter ihrer Mediumschaft
ren etwas wissen), das er - wiederum
unbewusst - an die Beteiligten weitergibt.
Auf diesem Weg kommt durch die
Kraft des menschlichen Körpers auf die
Materie - also durch eine Art Muskelzucken
oder ähnliches - die Bewegung
der Gläser, Planchetten oder Tische zustande,
die zu den Botschaften führt.
Xenoglossie (automatisches Sprechen)
als telepathisches Wunder beweist, dass
es - besonders auch auf der Schwelle
des Todes wie bei Hugh Lane - eine direkte
Verbindung von Seele zu Seele geben
kann.
Man kann zu dem Schluss kommen,
dass wir in ununterbrochenem Kontakt
mit dem psychischen Kosmos und dem
seelischen Universum stehen, das selbst
ganze Völker und Kulturen in Vergangenheit
und Zukunft miteinander verbindet.
Zu Bewusstsein kommt allerdings
nur das Allerwenigste - bei den meisten
nie und bei manchen wie zufällig hergewehte
Splitter, die man nicht in die
materielle Welt einzuordnen vermag. Es
würde außerdem wohl kaum ein Mensch
ertragen, über all die Dinge, die sich im
Lauf seines Lebens - oder auch schon
vor der Geburt? - angesammelt haben,
und über all die Kräfte und Geheimnisse
des Unterbewußtseins in vollem Umfang
Bescheid zu wissen.
Zusammenfassung
Motorische Autamismen - die Phänomene,
bei denen es sich um automatisch
auftretende Bewegungen handelt - sind
nur einige Methoden des Spiritismus, die
ich hier am Beispiel einiger besonders
auffälliger Personen und Medien dargestellt
habe. Man kann also kaum an den
Möglichkeiten zweifeln, die der Tiefe
der Seele mit ihrer unvorstellbaren
Macht, ihrer geistigen und materiellen
Ausdrucksform zugrunde liegen. Jedoch
sind, wie bereits erwähnt, viele dieser
Erscheinungen auf Betrug oder Selbsttäuschung
zurückzuführen. Allerdings
bleibt immer ein kleiner Rest von Rätsel.
Der Spiritismus bleibt somit zu einem
kleinen Teil völlig ungeklärt; zum
Großteil ist er jedoch auf eine Tiefgründigkeit
der Seele und des Unterbewusstseins
zurückzuführen, was den meisten
Leuten nicht bewußt ist, die sich
an Seancen beteiligen - Sitzungen, die
sich mit der "neuen Welle" des "New
Age" wie ein Lauffeuer verbreiten, be-
, sonders unter Jugendlichen, und "in"
werden - und die auch im Hinblick auf
neurotische Störungen und Wahnvorstellungen,
gefährlich werden können.
Ich möchte mit meinem Artikel weder
irgendjemandem Angst einjagen,
noch dazu raten, etwas selbst auszuprobieren
- es bringt absolut nichts, im
Gegenteil! Ich möchte nur Information
vermitteln über eine neue "Religion"
(wobei "neu" relativ ist: Zu allen Zeiten
der Geschichte hat es ähnliche Strömungen
gegeben), die diese Werte des
Übersinnlichen in extremen Maße verkörpert
und die mit dem Spiritismus eine
ungeheure Faszination ausübt. Das
geht sogar so weit, daß selbst der Konsummarkt
mit seinen "Esoterik-Angeboten"
Gebrauch von dieser "neuen Welle"
macht, indem er weismachen will, dass
man mit spirituellen Techniken Glück
und Erfolg herbeizaubern kann. Man
sollte sich dabei lieber auf die eigenen
Gefühle und den eigenen Verstand verlassen
- es gibt keine Anleitung zum
Glücklichsein, geschweige denn in dieser
Weise. Die Kraft des Menschen muss aus
dem Herzen kommen, und kann nicht
durch verschiedene Techniken erlernt
werden.
Es ist noch nicht abzusehen, ob diese
Bewegungen nur eine Modeerscheinung
sind, oder ob sie Einfluß auf unser ganzes
Weltbild nehmen werden. Bis jetzt
ist es nur eine Minderheit, die sich intensiv
mit dem Okkultismus beschäftigt.
Es ist jedoch notwendig, diese Erscheinung
ernst zu nehmen, die sogar Kinder
an sich zieht, denn die spiritistischen
Techniken funktionieren besser, als man
glaubt - und daß sie nicht nur als
scheinbar harmloser Aberglaube und
Humbug abgestempelt werden.
Wie jede andere Welle auch, besitzt
die "okkulte Invasion" sowohl ihre positiven
als auch negativen Seiten: Einerseits
erkennt man so die Wunder, die
der menschlichen Seele zu eigen sind,
und die unglaublichen Kräfte des Unterbewußtseins,
die den Menschen als Wunderwerk
der Schöpfung in einem ganz
neuen Licht zeigen. Man entdeckt, wie
viel hinter der materiellen Welt verborgen
ist, was man nie für möglich halten
würde. Andererseits steht gleich daneben
die Gefahr, die auftritt, wenn man
in tiefere Gebiete hinabdringt. Statt
sich lieber mit unseren menschlichen
und weltlichen Problemen zu beschäftigen,
flüchten die Anhänger des "New
Age" in eine Welt über uns - den Kosmos
- und eine Weit unter uns - ins Totenreich.
Es handelt sich dabei um die
äußersten Grenzen der Welt, um deren
Eigenheiten und Gefahren wir nicht Bescheid
wissen können.
Die "New Age"-Strömung ist kennzeichnend
für die Sehnsucht des Menschen
nach vollkommenem Glück und
Einheit; vielleicht ist sie auch in gewisser
Weise notwendig, um wieder aufzuhorchen
nach unsichtbaren, inneren
Werten. Es kann jedoch kein Zeitalter
und keine Generation die Wahrheit für
sich beanspruchen - trotz aller Fortschritte,
Erkenntnisse und Bewegungen,
bei denen man manchmal von einem
Extrem ins andere gefallen ist, bleibt
der eigentliche Sinn und die Verwirklichung
unseres Daseins ein Geheimnis.