Gedanken zur Kommunikation

Ist Dir das eigentlich auch schon mal so ergangen? Da sitzt man sich einen ganzen Abend lang gegenüber, auf einer Geburtstagsparty, in einer Diskothek, auf einem Klassenfest und unterhält sich übers Wetter, schimpft über die miese Musik, erzählt vom letzten Urlaub - kurz: man sucht verzweifelt nach einem Gesprächsstoff, man ringt nach Worten.

Traudl Maier
1/1975

Nur nicht zu ehrlich sein, zu viel preisgeben von sich selber, so heißt doch die Devise. Stimmts vielleicht nicht? Denken wir einmal darüber nach, warum wir - Du und ich - uns langweilen, warum wir keinen Kontakt zueinander finden, warum wir uns nichts zu sagen haben, obwohl unsere Probleme vielleicht ähnlich sind. Du wirst sagen, das ist eben nicht so einfach, mit jemandem in ein wirklich gutes Gespräch zu kommen. Das fängt ja schon in der Familie an. Daß die Eltern andere Ansichten haben, nun ja Generationskonflikte gab es früher auch. Aber selbst wer mit Paps und Mutti nicht auf Kriegsfuß steht: wann ergibt sich schon ein vertrauliches Schwätzchen? Vielleicht mal, wenn man mit seiner Weisheit restlos am Ende ist und mit verheulten Augen am Sonntagsmittagstisch erscheint. Ansonsten geht jeder seine eigenen Wege. Ist die Familie Familie mal traut vereint, wird ferngesehen, Sohn bzw. Tochter verziehen sich ins stille Kämmerlein, um Musik zu hören oder zu lesen. In der Schule oder in der Arbeit ist es nicht anders. Da ist der Banknachbar, der Lehrling, mit dem man schon seit zwei Jahren zusammenarbeitet und kennen tut man sich eigentlich noch überhaupt nicht. Na klar, die Schule ist schließlich nicht zum Unterhalten da, und wer läßt sich schon gerne mit seiner Konkurrenz ein, die in Mathe zwei Noten besser ist. Außerdem ist man froh, wenn man die Penne, den Arbeitsplatz hinter sich hat und keinen von den "Kollegen" mehr sieht. Also auch hier nichts mit mal "Al- • 1es-von-der-Seele-reden". Bleibt -±ur noch die Freizeit, zusammen mit Freunden, in der Clique. Wie siehts da aus ? Das Angebot in der Freizeit ist groß. Weil der Mensch von Natur aus faul zu sein scheint, wählt er meist das Bequemste. Und konsumieren ist nun mal das Bequemste. Wenn wir einmal ehrlich zu uns selber sind, so ist unsere Verbraucherhaltung doch schon sehr ausschließlich. Um sich ein Fußballspiel anzusehen, zum Tanzen zu gehen oder irgendeinem landläufigen Hobby zu frönen - dazu gehört im Sinne der Kontaktaufnahme zu anderen nicht viel Anstrengung. Wenn wir jetzt einen dicken Schlußtrich ziehen, bleibt vielleicht noch ein Freund, eine Freundin,wenn man Glück hat noch eine Jugendgruppe , mit der man sich gut versteht. Aber oft ist es zum Davonlaufen, ich fühle mich so allein wie ein Hering im Gefrierfach, kein Mensch weiß, was wirklich in mir steckt. Stellen wir einmal die Behauptung auf, daß diesen Zustand kein Jugendlicher auf die Dauer durchhält,ohne zu vereinsamen, zu veräußerlichen, die Fähigkeit zur Kommunikation (= zwischenmenschliche Kontaktaufnahme) überhaupt und damit die Lust am Leben zu verlieren. Die sozialen Wissenschaften (z.B. Psychologie, Soziologie) bestätigen, daß dieser zwischenmenschliche Kontakt lebensnotwendig ist. Der Kontakt mit anderen hilft uns, unsere Probleme zu bewältigen, Verständnis und Toleranz zu lernen, uns zu einer kleinen Persönlichkeit zu machen, uns geborgen und wohl zu fühlen. Alles Dinge, die einem dieses Leben erst sinnvoll erscheinen lassen. Du kennst das sicher auch, daß man sich manchmal fragt, was das eigentlich alles soll auf dieser verrückten Welt. Hat Dir dann jemand auf die Schulter geklopft, oder war jemand da, bei dem Du Dein Herz ausschütten konntest, gings schon wieder besser, konntest Du dich vielleicht auch wieder ein wenig freuen. Kommunikation ist also schwierig, aber notwendig. Ein Trost: Man kann sie lernen! Zuerst einmal müssen wir reden lernen. Kann man doch, seit man aus der Wiege stieg, wird mancher sagen. Ist aber nicht so. Wir alle haben mehr oder weniger große Hemmungen, aus uns herauszugehen, weil wir ja nie wissen, wie der andere reagiert, ob er mich versteht, auslacht oder gar blamiert. Eine Frage des Vertrauens, der Offenheit. Beobachten wir uns selber: Gibt es etwas, über das wir nur selten sprechen? Wem schenken wir unser Vertrauen? Von welchen Faktoren hängt das ab? Versuchen wir doch einmal die Mauer um uns etwas abzubauen, die Fühler etwas weiter auszustrecken. Gleich morgen! Zugegeben, etwas Mut und Geduld gehört schon dazu. Aber da stoßen wir schon auf die nächste Schwierigkeit. Was tun, wenn ich jemand etwas erzählen will, aber nicht weiß, wie ich mich ausdrücken soll, damit mich der andere auch versteht? Es ist nämlich gar nicht so einfach, Gedanken und Stimmungen in Worte zu kleiden. Ob down oder glücklich - eine Stimmung in der Du öfters bist, versuche, sie zu beschreiben! Das bedarf schon einiger Übung. Ein Tip: Einfach mal drauflosreden, der andere pfeift schon, wenn er etwas nicht mitgekriegt hat. Aber noch etwas müssen wir lernen, wenn wir Kommunikation üben wollen und das ist sehr wichtig: das Zuhören. Schließlich besteht ein leichter Unterschied, ob ich bei einem Gespräch das Gefühl habe, gegen eine Betonwand zu reden, oder ob ich sagen kann, o.k., Du verstehst mich. Zuhören erfordert eine gehörige Portion an Geduld, eben weil der andere oft Schwierigkeiten hat das zu sagen, was er meint. Ich muß mich in den anderen hineindenken, geistig jeden Schritt mitvollziehen. Und ich muß dem Partner Zeit lassen, selber zu' denken, selber auf die Lösung seines Problems zu kommen. Guter Rat ist nämlich billig! Wenn mich etwas wurmt und jemand fertigt mich mit einer 0815-Lösung ab, ist mir nicht viel geholfen. Also: Selbst ist der Mann. Wenn man sein Problemchen erst einmal ausgesprochen hat, wird es schon viel klarer und einfacher. Bis jetzt haben wir uns mit der Verständigung durch die Sprache, der sog. verbalen Kommunikation befaßt. Es gibt auch die Möglichkeit, ohne Worte Kontakt aufzunehmen (= nonverbale Kommunikation) und zwar durch unsere Mimik, Gestik, unser ganzes Verhalten, Sehen wir uns einmal um: ein Lächeln, traurige Augen, eine Handbewegung, eine Körperhaltung können Bände sprechen. Bärbl sagt Peter nicht nur, daß sie ihn ganz gern hat, sie umarmt ihn auch. Wenn mir jemand kräftig die Hand drückt und mir dabei ehrlich und offen in die Augen sieht, hat er mein Vertrauen schon fast gewonnen. All diese kleinen Dinge spielen eine viel größere Rolle in der Kommunikation als die ärmliche Sprache der Worte, das ist uns nur noch nicht aufgefallen. Nun ist aber noch nicht jedes gesprochene Wort, jede Gestik Kommunikation. Der Fachmann unterscheidet hier die Einweg- und die Zweiwegkommunikation. Wenn die Kommunikation nur einen Weg nimmt, dann schickt jemand eine Botschaft los, ich erhalte diese Botschaft, habe aber nicht die Möglichkeit, sie zu bestätigen oder zu beantworten.Eine solche Einwegkommunikation ist es, wenn ich fernsehe oder einem Vortrag lausche. Sie ist gut, wenn ich mich informieren will, mir Wissen aneignen will (z.B. in der Schule). Wenn ich mich aber nicht nur berieseln lassen will,, sondern aktiv zuhöre, Fragen stelle, meine Meinung dazu gebe, ist die Kommunikation zweiwegig. Jemand schickt eine Botschaft und bekommt eine Antwort. zurück. Peter bringt Bärbl Schokolade mit und erntet dafür ein Dankeschön oder ein Lächeln. Erst die Zweiwegkommunikation ist ein wirklicher Kontakt, der unser ganzes "Ich" und seine Aufmerksamkeit erfordert. Aber die Mühe lohnt sich!