Unfall mit Happy End

Die fast wahre Geschichte einer Jugendgruppenausfahrt

Dominik Dern
Lena Behrendes / Peter Oster
1/2017

Heike und Michael leiten eine Jugendrotkreuz-Gruppe und machen eine Ausfahrt in die Allgäuer Berge. Von der Schwarzenberghütte wandern sie heute zum Engeratsgrundsee, weil man dort prima schwimmen kann. Sie sind mit 10 Kindern unterwegs, die zwischen 8 und 12 Jahre alt sind. Auf dem Weg müssen sie unter einer Felswand entlang gehen. Plötzlich ruft Eva: „Seht mal, da oben, eine Gams!“ Alle schauen hoch und sehen gerade noch, wie mehrere Gämse wegspringen. Dabei treten die Tiere ein paar Steine los, die auf die Gruppe zu poltern. Fast alle können ausweichen oder ihren Rucksack zum Schutz über den Kopf ziehen. Doch Pascal wird von zwei Steinen getroffen und stürzt einen kleinen Abhang hinunter. Dort bleibt er blutend liegen und ruft nach Hilfe. Alle sind in heller Aufregung und schauen auf Heike und Michael, damit sie die richtigen Maßnahmen ergreifen. Zum Glück haben Heike und Michael vor Kurzem einen Outdoor-Erste-Hilfe-Kurs besucht, bei dem genau solche Situationen geübt wurden. Als erstes sprechen sich die beiden kurz ab, wer sich um was kümmert. Weil Heike das Erste-Hilfe-Set im Rucksack hat, steigt sie vorsichtig zu Pascal ab, während Michael mit der Gruppe die Steinschlagzone verlässt und mit ihnen an einem sicheren Ort wartet. Dort schaltet er sein Handy ein, um zu schauen, ob sie Empfang haben. Als Heike Pascal erreicht, spricht sie ihn an und ist froh, dass er trotz seiner Schmerzen klar bei Bewusstsein ist, und dass er keine Schmerzen beim Atmen hat. Das Wichtigste ist nun, dass beide aus der Steinschlagzone rauskommen. Zum Glück kann Pascal mit Heikes Hilfe aufstehen und sie humpeln auf die anderen zu. Michael kommt ihnen entgegen und bald sind alle in Sicherheit. Nun schaut sich Heike Pascal erstmal genauer an: Er ist klar bei Bewusstsein, die Atmung ist okay und er hat keine ganz stark blutenden Wunden. Er scheint also nicht akut lebensbedrohlich verletzt zu sein. Er hat einige Schrammen und eine blutende Wunde an der rechten Schulter und am Kopf. Seinen rechten Arm kann er nur unter großen Schmerzen bewegen.

Kein Handyempfang

Michael hat in der Zwischenzeit auf der Karte ihren genauen Standort bestimmt und festgestellt, dass sie den schnellsten Notruf an der Hütte absetzen können, von der sie aufgebrochen sind. Eine halbe Stunde werden sie bis dahin laufen müssen. Handyempfang gibt es hier nämlich keinen. Er informiert den Rest der Gruppe über die Notrufsituation. Heike hat mit der Hilfe von anderen Kindern dafür gesorgt, dass sich Pascal so bequem und warm wir möglich mit etwas erhöhtem Oberkörper hinlegen kann. Das ist eine gute Position für seine Kopfverletzung. Den verletzten Arm versuchen sie mit Reserveklamotten abzupolstern, die sie nicht mehr brauchen werden. Falls der Arm gebrochen ist, ist es wichtig, dass er so wenig wie möglich bewegt wird. Zum Schluss kümmern sie sich noch um die restlichen leicht blutenden Wunden. Mit dem Verbandsmaterial aus dem Erste-Hilfe- Pack werden sie so sauber wie möglich abgedeckt. Nun beratschlagen sie das weitere Vorgehen. Da jemand Hilfe holen gehen muss und es bestimmt über eine Stunde dauern wird, bis die Bergrettung kommt, beschließen sie, dass Michael gemeinsam mit der Gruppe zur Hütte absteigt. Dadurch sind die Kinder beschäftigt und es wird ihnen nicht kalt und langweilig. Heike wird mit Pascal vor Ort auf die Bergrettung warten. Bevor die Gruppe aufbricht, sorgen sie dafür, dass Heike und Pascal ein richtiges Lager bekommen, damit sie beim Warten nicht frieren müssen.

Der Hubschrauber kommt

Zügig, aber ohne zu hetzen, steigt die Gruppe zur Hütte ab und kann dort per Satellitentelefon einen Notruf absetzen. Schon nach 20 Minuten können sie einen Hubschrauber hören und sehen ihn am Himmel Richtung Heike und Pascal fliegen. Nach weiteren 20 Minuten kommt der Hubschrauber zurück. Sie sind froh, dass Heike und Pascal nun in Sicherheit sind. Am Abend kommt Heike wieder zurück zur Hütte. Pascal musste an der Schulter operiert werden. Seine Eltern haben ihn bereits im Krankenhaus besucht. Am Kopf hatte er zum Glück nur eine leichte Gehirnerschütterung. Heike erzählt der Gruppe ganz ausführlich von der Hubschrauberrettung und dem anschließenden Flug ins Krankenhaus. Den ganzen Abend reden sie noch gemeinsam über den Unfall und beratschlagen, wie die Ausfahrt weiter gehen soll. Zum See möchte auf jeden Fall niemand mehr laufen. Und so planen sie für den nächsten Tag eine Bachbettwanderung.

Seit 15 Jahren bietet die Outdoorschule Süd Erste-Hilfe-Kurse für Personen an, die mit Gruppen im Gelände mit langen Rettungszeiten unterwegs sind. Die Gruppenseminare werden in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Gerne erstellt die Outdoorschule individuelle Kursangebote, die auf die jeweiligen Aktivitäten zugeschnitten sind.

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