Lehrgang h.e.l.p.

Oder: Warum der Boden in der Landesgeschäftsstelle so gemütlich ist

Florian Rößle
BJRK & JRK Weilheim
2/2017

„Malea ist eines der größten Länder Afrikas. In der Provinz Lufar kommt es regelmäßig zu Unruhen, die Rebellenorganisation ,Freies Lufar‘ kämpft gegen die Zentralregierung für mehr Unabhängigkeit in ihrer Region. Maleas Milizen gehen gegen Rebellen und Zivilisten in Lufar mit brutaler Gewalt vor. Mittlerweile wird die Zahl der Todesopfer auf 400 000 geschätzt. Ein Unterausschuss der Vereinten Nationen soll nun den Frieden in der Region voranbringen.“

Planspiel h.e.l.p. kommt nach Bayern

Malea und Lufar sind fiktive Regionen des Planspiels h.e.l.p.. Der geschilderte Konflikt ist leider in vielen Ländern dieser Welt bittere Realität. Bereits im März 2017 nahmen 14 hochmotivierte Jugendrotkreuzlerinnen und Jugendrotkreuzler an dem dreitägigen Planspiel h.e.l.p. in der Landesgeschäftsstelle (LGST) teil. Das Planspiel wurde erstmals in Bayern durchgeführt. Hierfür haben sich Flo & Flo (nein, wir sind kein Volksmusik- Duo) schon vor einiger Zeit in das wunderbare Haus des Jugendrotkreuzes in Niedersachsen begeben und sich zum „Humanitären Scout“ ausbilden lassen. h.e.l.p. steht für Humanitäres Entwicklungs- und Lernprojekt und ist ein anspruchsvolles politisches Planspiel für 14 bis 30 Spielerinnen und Spieler ab 15 Jahren. Ziel ist es, dass die Spielenden gemeinsam eine Lösung für den fiktiven Konflikt zwischen Malea und Lufar finden. Dort wird das Humanitäre Völkerrecht immer wieder verletzt. Das Planspiel befasst sich mit vielfältigen Bereichen, unter anderem mit Ressourcenkonflikten, Handelsbeziehungen und dem Thema soziale Gerechtigkeit. Schon am Freitagabend starteten wir nach einer gemeinsamen Brotzeit. Zunächst ging es um die Klärung der Rahmenbedingungen und die Zuordnung der Mitspielenden. Alle wurden per Los in eine der insgesamt sieben an den Friedensgesprächen beteiligten Delegationen eingeteilt. Danach hatten alle die Gelegenheit, sich intensiv in die aktuelle Situation im Konfliktgebiet und in ihren persönlichen Standpunkt für die Verhandlungen einzuarbeiten.

Die Vereinten Nationen tagen in München

Ausgeschlafen und hervorragend vorbereitet für die anstehende Auftaktkonferenz der Vereinten Nationen fanden sich am zweiten Tag des Planspiels die einzelnen Delegationen wieder in der LGST ein. Kurz vor der Konferenz wurden die noch fehlenden Geheiminformationen an die jeweiligen Delegationen ausgegeben. In einer lebhaften Auftaktkonferenz legten die Vertreterinnen und Vertreter der Parteien ihre Standpunkte dar. Eine Lösung des Konflikts rückte hier zunächst in greifbare Nähe. Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Positionen wurde jedoch klar: So einfach wird das wohl doch nicht. Im weiteren Verlauf des Planspiels verhandeln die Delegationen weiter. In zwei Verhandlungsrunden, denen eine Kommunikationsmatrix zugrunde liegt (also wer darf wie lange mit wem sprechen), kann so in Richtung einer Lösung gearbeitet werden. Jedoch erschweren aktuelle Zwischenfälle in der Krisenregion und Druck aus den Heimatländern auf die Delegationen den Prozess einer schnellen Lösung. In unserem Fall kamen noch einige Technikprobleme mit hinzu, die uns zurück an den Kopierer zwangen. Die Idee der Spielleitung war es, die schriftliche Kommunikation komplett digital abzuwickeln, um den Ablauf zu vereinfachen und die Umwelt zu schonen. Daraus wurde leider nix, back to the roots … Stift und Papier!

Von Friedensverträgen und Diktatoren

Zum Abschluss des Planspiels gab es wiederum eine Konferenz, in deren Verlauf es optimalerweise zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags kommt. Oft schafften es unsere Delegierten auch fast. Aber die Spielleitung musste die Beteiligten dann wieder zurück auf den Boden der Realität holen: So ein Diktator im Heimatland lässt sich nicht einfach das Öl abnehmen! Zum Ende des Planspiels konnte also leider kein Friedensvertrag ausgehandelt werden. Aber dafür haben wir 14 Delegierte, die wirklich für ihre Aufgabe brennen und gerne weiterverhandelt hätten! Die Nachbesprechung dieses ereignisreichen Tages zog sich bis nach 23 Uhr.

Ein gelungener Pilotlehrgang

Sonntag, den 12. März 2017, 10 Uhr. Die nun etwas weniger ausgeschlafenen Teilnehmenden des Lehrgangs h.e.l.p. und die Spielleitung treffen sich wieder in der LGST. Die letzten Stunden vor der Abreise nutzten wir, um den Delegierten den Ablauf des Planspiels im Detail zu erklären. Schließlich sollen alle Teilnehmenden in der Lage sein, h.e.l.p. selbst als Spielleitung durchzuführen. Außerdem blickten wir kritisch auf die vergangenen Verhandlungen zurück. Auch die Spielleitung lernt natürlich mit dazu. Gegen 13 Uhr endete das erste Planspiel h.e.l.p. in Bayern mit einem Wunsch der Teilnehmenden: Wir wollen mehr! Flo & Flo (wir sind immer noch kein Volksmusik- Duo) finden die Idee toll. Auch wir würden das Planspiel gerne weiterentwickeln und fortsetzen, aber das liegt noch in weiter Ferne. Zunächst einmal freuen wir uns über den gelungen Pilotlehrgang in Bayern! An dieser Stelle nochmals vielen Dank an alle Beteiligten. Mit so viel Unterstützung und Begeisterung hätten wir nicht gerechnet. Wir hoffen, im September 2018 für den nächsten Lehrgang wieder zahlreiche Delegierte aus aller Welt begrüßen zu dürfen. P.S.: Warum der Boden in der LGST jetzt so gemütlich ist, kann ich nicht mit abschließender Gewissheit sagen. Ich vermute, nach guten 10 Stunden Verhandlungsmarathon wird auch der gröbste Nadelvlies kuschlig!

Zu den Methoden der Verbreitungsarbeit des Hum. Völkerrechts wie h.e.l.p., Fluc…