diesmal: gar wunderliches aus Griechenland

für verantwortungsbewusste Gruppenleiter

Robert
1/1972

Hallo Freunde, da hörte ich im Wonnemonat Mai von meinem Oberführer, dass das Jugend­rotkreuz eine Urlaubsreise nach Griechenland plant. Ich nichts wie hin zu meinem Kreisgeschäftsführer, mit dem ich mich ja gut verstehe und schon war ich angemeldet. Gar bald kamen Briefchen, Broschüren und Rundschreiben, deren Inhalt ich bald auswendig kannte,jedenfalls, was das Freizeitprogramm betraf. Mein Oberführer sagte: "Fahr' mit, mach' Dir ein paar schöne Wochen, hast ja auch gut gesammelt". Ich befand mich in Hochstimmung! Sah' mich im Geiste schon unter Olivenbäumen und hellenischer Sonne liegen; Mulis und griechische Göttinen an mir vorbeiziehen. Brandung des Meeres und Klänge der Gitarren hatte ich bereits im Ohr. Endlich einmal ausspannen und das 3 Wochen lang für 150 Mark. War schon richtig, dass sich von dieser Fahrt nur verantwortungsbewusste Jugendliche angesprochen fühlen sollten. Zu denen konnte ich mich zählen! Schließlich bin ich bereits jahrelang Gruppenführer in einem der besten Kreisverbände! Was mich ein wenig befremdete, war das Arbeitsprogramm, von dem ab und zu die Rede war. Aber das kannte ich ja - alte Tricks von den Ver­anstaltern, um der Sache einen Aufhänger zu geben! Toll war die Anreise! Über Salzburg - Zagreb - Empfänge bei unseren Rotkreuz-Freunden. Ja, ja, die wissen schon, was sie an uns haben! Dann Saloniki - ein Traum, sage ich euch! Zwar Unterkunft in Zelten, griechisches Essen, aber das spielte schließlich nur eine untergeordnete Rolle. Hatte genug Geld, um Muscheln, Tintenfische oder Hammelbraten zu kaufen. Aber man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben! Fingen doch tatsächlich einige dort unten wie die Wilden zu arbeiten an? Konnte ich gar nicht verstehen. Es gab doch so vieles andere - tolle Mädchen aus allen bajuwarischen Winkeln, toller Sandstrand, Meeresbrandung, Wein! Alles gabs. Anfangs bekam ich von der Arbeit so viel wie nichts mit. War krank geworden; die Umstellung auf Arbeit machte mir zu schaffen. Magen - und überhaupt - alles streikte! Meldete mich ab. Führer sagte nichts, grinste nur in sich hinein. Wahrscheinlich hatte er "Muffe". Machte mich trotzdem stutzig. Er hatte doch hoffentlich keinen Durchblick?

zweite Woche

die arbeiteten immer noch. War nicht zu fassen. Gruppe strich und pinselte ein Schulhaus. Sah´doch noch ganz gut aus? Mädchen spielten mit den Kindern! Führer mixte Farben und trieb die Leute an. Das konnte ich schließlich auch! Beteiligte mich ausnahmsweise als Führer der Getränkekasse. Machte viel Arbeit! Täglich Bestandsaufnahme - Flaschen zählen. Doppelte Buchführung! Musste am Schluss alles aufgehend gemacht werden. Holte mir dann noch einen zweiten Mann. Schaffte es nicht mehr alleine! War ´ne Riesen-Verantwortung! Mitte zweiter Woche: Gruppe fing an zu spinnen. Arbeitete jetzt sogar Nachmittags, manchmal bis in die späte Nacht hinein. Konnte mir´s nicht verkneifen: bekam Respekt! Vergaß in der Aufregung ganz meine Krankheiten. Ende zweiter Woche: Fahrt nach Thassos. 3 Tage faulenzen! Hatten wir verdient. Ertappte mich dabei, in "Wir-Form" zu denken. Seltsam! Führer ließ uns alle Freiheiten. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut, diesem Menschenschinder.

dritte Woche

entschloss mich, mir mal das Schulhaus von innen anzusehen. Machte meinen Mund nicht mehr zu, das heißt was. War doch mehr Arbeit, als ich dachte. Half ein wenig mit; stellte fest, dass es Spaß macht! War von da an mit von der Partie! Führer lächelte in sich hinein, dieser Hundling!

Abreisetag. Blöde Stimmung allenthalben! Mist! Hatte gerade einen meiner seltenen Arbeitswut-Anfälle. Abschied - sang und klanglos, wie Ankunft. Führer behauptet, wir waren zum arbeiten hier - Empfänge Nebensache! Heimreise! Hindernisfahrt über jugoslawische "Panzerstraßen". Herrliche Fahrt entlang der Riviera. Toller Empfang in Graz. Noch toller in München. Zweithöchster Mann des Präsidiums bedankt sich persönlich bei mir! Bin mächtig stolz auf mich. Ankunft zu Hause. Erster Gruppenabend! Erklärte denen mal so richtig, was Arbeiten unter griechischer Sonne heißt. Hatten offene Münder! Von wegen Urlaub und so! Irgendwie war´s doch Klasse! Werde jedoch künftig mit Anmeldungen etwas zurückhaltender sein.